Aufgabe 7 - Teil 2

Ich begrüßte meine Mutter und führte sie dann in die Küche, wo uns Johanna schon erwartete.

"Mama, das ist Johanna Keppler, meine Freundin, und Johanna, das ist meine Mutter Thea". Meine Mutter hatte mich beim Wort "Freundin" kurz freudig angesehen und lächelte nun Johanna an.

"Es freut mich sehr, dass wir uns kennenlernen!", begrüßte meine Mutter Johanna, und Johanna atmete auf.

"Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Frau Schiller!", sagte Johanna.

"Oh, bitte nenne mich Thea! Ich fände es schöner, wenn wir uns duzen würden, denn es ist doch seltsam, wenn ich die Frau, die es geschafft hat, meinen Sohn zu erobern, siezen müsste!"

"Natürlich können sie... kannst du du sagen", sagte Johanna.

Nach dieser ersten Hürde, die wir geschafft hatten, setzten wir uns dann an den Tisch.

"Danke für die Einladung!", sagte meine Mutter. "Das riecht fantastisch!"

"Dann lass es dir schmecken!", sagte ich.

"Erzähle mal, Johanna", wandte sich dann meine Mutter an Johanna, "was machst du beruflich? Lucas hat am Telefon überhaupt nichts von dir erzählt!"

"Ich bin Architektin", antwortete Johanna.

"Du bist also schon mit dem Studium fertig?", stellte meine Mutter fest.

"Ja, aber noch nicht lange"

"Und hast du schon eine feste Arbeitsstelle gefunden?"

"Ich hatte Glück und konnte vor ein paar Wochen in dem kleinen Architektenbüro hier in Two Lake City angefangen, in dem ich auch mal ein Praktikum gemacht habe", erklärte Johanna.

"Das ist ja großartig!", freute sich meine Mutter. "Habt ihr zwei euch auf der Uni kennengelernt?"

"Nein", antwortete ich dann für Johanna, "Wir waren auf der gleichen Schule und kennen uns schon sehr lange".

"Dann bist du auch von hier?", verhörte meine Mutter Johanna weiter, und ich warf meiner Süßen einen besorgten Blick zu. Das alles wurde ihr doch sicher zu viel! Doch Johanna ließ sich nichts anmerken und plauderte mit meiner Mutter wie mit einer alten Freundin.

"Eine Two Lakerin seit der Geburt", bestätigte Johanna lächelnd. Meine Mutter sah aus, als würde sie sofort aufspringen wollen, um mit Johanna schon mal das Brautkleid heraussuchen zu gehen.

"Dann lebt deine Familie auch hier?", fragte meine Mutter weiter.

"Ja, meine Eltern leben noch hier, meine ältere Schwester ist vor zwei Jahren zu ihrem Mann nach Kensingtown gezogen". Kensingtown lag etwa 20 km von hier entfernt in westlicher Richtung.

"Oh, wie schön! Hat deine Schwester schon Familie?"

"Einen Sohn, ja. Er ist jetzt etwas über einem Jahr alt". Meine Mutter sah mich mit leuchtenden Augen an. Ich wusste gerade nicht, was sie mehr begeisterte. Dass ich endlich eine feste Freundin hatte oder dass sich mit Johanna unsere Familie vergrößerte. Während Johanna noch von ihrer Familie erzählte, wurde mir erst wieder richtig bewusst, wie lange meine Mutter und ich zusammen allein gewesen waren. Nur wir beide, sonst war da keine Familie mehr. Na ja, nur ich wusste, dass es da noch jemanden gab, dass ich einen Halbbruder hatte. Aber meine Mutter wusste das ja nicht. Und deshalb genoss sie es gerade, mit Johanna eine potenzielle Kandidatin für die Familienvergrößerung vor sich sitzen zu haben, das merkte ich ihr deutlich an.

Irgendwann mischte ich mich auch mal wieder in das Gespräch.

"Mama, lass auch noch Gesprächsstoff für die nächsten Treffen übrig", spielte ich darauf an, dass sie Johanna hier ausfragte wie ein Kriminalbeamter seinen Gefangenen.

"Ach, ich bin mir sicher, dass Johanna und ich noch genügend Gesprächsstoff haben werden. Oder?". Jetzt sah sie Johanna an. Der blieb jetzt natürlich gar nichts anderes übrig, als zu sagen:

"Natürlich. Da bin ich mir auch sicher".

Johanna entschuldigte sich dann kurz von uns, weil sie ins Bad musste und ich hatte die Gelegenheit, mit meiner Mutter alleine zu reden.

"Mama, bitte übertreibe es nicht, ja? Du verschreckst sie ja noch!", bat ich sie.

"Ich habe aber wirklich nicht das Gefühl, dass sie sich bedrängt fühlt, Lucas. Ich möchte sie doch nur besser kennenlernen"

"Das weiß ich ja, und deshalb haben wir dich ja auch eingeladen. Ich möchte eben nur nicht, dass sie sich unwohl fühlt, weißt du?".

"Das will ich auch nicht", sagte meine Mutter und sah mich kurz forschend an. "Sie bedeutet dir richtig viel, oder?". Ich war es wirklich nicht gewohnt, mit meiner Mutter über meine Gefühle zu sprechen und spürte, wie ich rot anlief.

"Ja", krächzte ich dann nur knapp und sah auf meinen Teller. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sich das Gesicht meiner Mutter erhellte.

"Weißt du, ich kenne sie jetzt ja nun noch wirklich nicht lange, aber ich finde sie schon jetzt absolut reizend". Warum merkte anscheinend alle Welt sofort, für das ich über sechs Jahre gebraucht hatte? Auch meine Mutter hatte offensichtlich gleich gesehen, wie wundervoll Johanna war.

 

Nun blickte ich sie wieder an, doch bevor ich noch etwas sagen konnte, kam Johanna zurück.  

Das restliche Essen verlief dann nicht mehr ganz so verhörmäßig wie davor, und es kam ein nettes Gespräch zustande. Weil meine Mutter am nächsten Tag Sonntagsdienst hatte, verabschiedete sie sich nicht allzu spät von uns.

"Noch mal vielen Dank für die Einladung und den netten Abend", sagte sie zu uns.

"Jederzeit wieder, Mama", sagte ich ihr.

"Na, nächstes Mal kommt ihr aber zu mir. Vielleicht zum Kaffee, und ich backe uns einen Kuchen. Wie wäre das?", lud uns nun meine Mutter zu sich ein.

"Sehr gern", antwortete Johanna.

"Es war schön, dich kennengelernt zu haben", sagte meine Mutter.

"Das finde ich auch. Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder", gab Johanna zurück.

"Davon bin ich überzeugt", gab meine Mutter zurück.

Dann verabschiedete sich meine Mutter auch von mir und machte sich dann auf den Heimweg.

 

Johanna und ich räumten noch die Küche auf, bevor wir uns ins Schlafzimmer zurückzogen. Johanna würde heute bei mir übernachten und ich freute mich schon richtig darauf.

Wir machten es uns auf meinem Bett bequem und ich nahm sie in den Arm.

"Lief doch alles ganz gut jetzt, oder?", fragte ich sie.

"Es war sehr schön, ja. Aber bei deiner Mutter ist das ja auch überhaupt kein Problem, die muss man einfach mögen", antwortete Johanna.

"Sie war auch von dir sehr angetan", sagte ich.

"Wirklich?", fragte mich Johanna.

"Aber sicher doch. Das hat man doch gut gemerkt"

"Es war wirklich nett, und ich freue mich, wenn wir bei ihr eingeladen sind und ich das Haus sehe, in dem du aufgewachsen bist", seufzte Johanna wohlig auf.

"Wie ich meine Mutter kenne, wird das bald der Fall sein", lachte ich. "Ich hoffe, dass du dich nicht unwohl gefühlt hast? Sie hat dich ja schon ganz schön ausgefragt"

"Aber nein!", erboste sich Johanna, "Alles im grünen Bereich!"

"Wirklich?", hakte ich noch mal nach.

"Ja, wirklich! Es war ein schöner Abend und deine Mutter ist eine sehr herzliche Frau!", bestätigte sie noch mal. Ich hielt sie nun wieder fest, und für ein paar Augenblicke sprachen wir nicht.

"Sie war nicht immer so", sagte ich dann und meine Gedanken flogen zurück zu der Zeit vor 11 Jahren. Johanna begann, mir beruhigend über den Arm zu streicheln.

"Ich weiß. Ich meine, ich weiß nur das, was mir Mark erzählt hat und was ich mir selbst zusammengereimt habe, aber ihr zwei hattet eine sehr schwere Zeit, nachdem dein Vater gestorben war, oder?". Ich schluckte.

"Ja", sagte ich dann einsilbig, "So etwas möchte ich nie mehr erleben müssen. Das schlimme ist, dass man nie sicher sein kann".

"Du hast recht, das kann man nicht. Vielleicht sollte man deshalb mehr jeden Augenblick genießen, allgemein mehr das Leben genießen", meinte sie. Ihr Gedanke war gut, aber ich wusste selbst, wie schwer der umzusetzen war, vor allem an schlechten Tagen.

"Man kann es probieren, ja. Auch wenn das nicht immer leicht fällt", stimmte ich ihr zu und hielt sie fester im Arm. Wieder entstand eine kleine Gesprächspause, dann wandte sich Johanna wieder an mich:

"Lucas?"

"Hm?"

"Wir sind heute seit zwei Wochen zusammen"

Ich wandte mich ihr zu und sah sie an.

"Zwei wunderschöne Wochen. Sie kommen mir schon viel länger vor, weil ich das Gefühl habe, als würden wir uns schon ewig kennen. Verrückt, oder?"

"Nein, das ist nicht verrückt. Es sei denn, wir sind beide verrückt, denn mir geht es genauso"

"Dann sind wir wohl beide verrückt", sagte ich, bevor ich sie küsste.

Wir hatten uns in den letzten zwei Wochen wirklich oft gesehen, trotz Arbeit und Uni, und doch waren ihre Küsse immer noch so aufregend wie der 1. Kuss, den wir uns gegeben hatten.

Während wir uns küssten wurde ich erneut von unglaublichen Wellen voller Gefühle für sie überrollt. Es wurden immer mehr, mit jedem Tag der verging. Und wenn ich dachte, jetzt konnte ich definitiv nicht mehr fühlen, wurde ich garantiert davon überrascht, dass ich beim nächsten Treffen noch mehr für sie empfand.

Während sie in meinen Armen einschlief, gingen mir die unterschiedlichsten Dinge durch den Kopf. Es war einfach unglaublich, dass ich auf die Liebe so lange verzichtet hatte. Auf ihre Liebe. Wie lange könnten wir schon zusammen sein?

 

Natürlich wusste ich noch genau, warum ich so gehandelt hatte und es war nicht so, dass ich jetzt keine Angst mehr hatte, sie zu verlieren.

 

Ganz im Gegenteil sogar. Ich hatte eine schreckliche Angst, sie zu verlieren. Gründe gab es viele, und einer war schlimmer als der andere. In dieser Nacht träumte ich dann, vermutlich durch unser Gespräch ausgelöst, zum ersten Mal, dass Johanna bei einem Unfall ums Leben kam.

 

Es sollte nicht das letzte Mal gewesen sein.

Natürlich fand auch kurz darauf ein Treffen mit Johannas Eltern statt. Dem allerdings trat ich nun mit gemischten Gefühlen entgegen, denn ich hatte noch zu gut im Kopf, wie sehr ich mich von Johannas Mutter abgelehnt gefühlt hatte. Johanna hatte mich vor dem Treffen beruhigen wollen und gesagt, dass sie sicher wäre, dass alles gut ginge, doch so ganz hatte mich das nicht überzeugt. Silvia sah mich einfach nicht als perfekten Freund für ihre Tochter, das hatte ich gespürt.

Nach unserem Klingeln wurde die Tür von Johannas Mutter geöffnet, und ich versuchte, ein nettes Lächeln aufzusetzen, obwohl ich jetzt noch nervöser war.

"Johanna! Es freut mich, dass du mal wieder hier bist!", begrüßte Silvia Keppler ihre Tochter überschwänglich, und Johanna sah ihre Mutter ungläubig an.

Die sah den Blick wohl auch und besann sich, was der Grund dieses Besuches hier war, drehte sich langsam zu mir um und sagte:

"Herr Schiller. Willkommen in unserem bescheidenen Heim". Die Worte klirrten vor Kälte, und ich machte mich auf das Schlimmste gefasst.

 

Ob Johanna immer noch der Meinung war, dass hier und heute alles gut gehen würde?

Sie führte uns dann in die Wohnküche, wo Johannas Vater eine paar Waffeln servierte.

"Du musst Lucas sein", gab mir ihr Vater sofort die Hand, noch bevor Johanna uns vorstellen konnte. "Und ich heiße Bernd. Komme ja nicht auf die Idee, mich siezen zu wollen. So alt bin ich noch nicht", lachte er mich offen an, und ein riesiger Stein fiel von meinem Herzen. Und ich bekam eine Vorstellung davon, von wem Johanna ihre Herzlichkeit hatte.

Wir setzten uns an den Tisch, und mit Schrecken sah ich, wie sich Johannas Mutter neben mich setzte. Johanna blieb gar nichts anderes übrig, als sich auf die andere Tischseite zu setzen, und mir wurde flau im Magen.

"Erzählen sie doch mal von sich", begann Silvia dann auch sofort und blieb stur beim "Sie". Die Situation war extrem verwirrend. Auf der einen Seite des Tisches strömten mir Freundlichkeit, Wärme und von Johanna auch Liebe entgegen, und von nebenan dann die Eiseskälte.

Johanna wandte sich sofort an ihre Mutter:

"Ich habe dir doch schon so einiges erzählt". Bernd sah seine Frau an und ich hatte das Gefühl, als gäbe er ihr ein paar Zeichen. Klar, hier drin schienen die Temperaturen auf den Gefrierpunkt gefallen zu sein, das merkte nicht nur ich.

"Ich würde es gerne von ihm selbst hören, Schatz", antwortete Silvia zuckersüß.

"Nun, was wollen sie wissen?", fragte ich nach. "Ich studiere Architektur..."

"Ach, das habe ich gar nicht gewusst!", warf Bernd fröhlich ein. "Du wirst also auch Architekt? Hochbau?"

"Ja, ich denke schon. Das macht mir doch am meisten Spaß", sagte ich zu ihm.

"Lucas, sie sind doch älter als unsere Tochter, oder?", fragte Silvia und sah mich forschend an. Ich schluckte, denn es war ganz klar, wohin diese Frage führen würde.

"Ja, ein Jahr", bekannte ich, und Silvias Blick bohrte sich in meinen.

"Darf ich fragen, warum sie dann immer noch studieren? Johanna ist schon fertig und hat ihren Studiengang in normaler Zeit absolviert".

"Das ist doch egal", mischte sich Bernd ein. "Er studiert und hat sein Ziel vor Augen, auf das kommt es an".

"Nun, es schließt schon auf den Charakter eines Menschen, wenn er jahrelang herumlungert und nichts mit sich anzufangen weiß", warf Silvia honigsüß ein.

"Mama!", sagte nun Johanna, "So war es doch nicht! Lucas hat immer gearbeitet!"

"Nun, das konnte ich ja nicht wissen, nicht wahr?", sagte Silvia. "Nichts für ungut, Lucas, aber ich möchte schon wissen, ob sie gut genug für meine Tochter sind". Peinliche Stille legte sich über uns, ich bekam heiße Ohren.

"Er ist ganz ausgezeichnet in dem, was er tut", sagte dann Johanna und sah mich an. Ich blickte ihr in die Augen und sah darin soviel Liebe, dass es mir endlich wieder warm ums Herz wurde. Egal, in was für einer Katastrophe das hier enden würde, ich zog das jetzt für Johanna durch.

"Ausgezeichnet ist vielleicht übertrieben", schwächte ich ihr Lob bescheiden ab, "aber es macht mir großen Spaß. Nach der Schule habe ich eine Ausbildung zum Technischen Zeichner angefangen gehabt, dort aber dann gekündigt, weil ich einen unerträglichen Chef hatte. Dann musste ich mich einfach neu orientieren. Als ich mit Johanna über Architektur gesprochen habe, war sofort der Wunsch da, das auch zu tun".

"Und wie sicher sind sie, dass dieser Job das richtige für sie sein wird? Es könnte doch auch sein, dass sie in zwei, drei Jahren wieder etwas anderes machen wollen", bohrte Johannas Mutter weiter. Hatte ich wirklich gedacht, dass meine Mutter Johanna verhört hatte? Das war ja wohl ein Spaziergang gewesen gegen das hier! Denn das war nicht nur Neugier, Silvia wollte mich in die Ecke drängen und mir das Gefühl geben, dass ich nicht gut genug für Johanna war.

"Das kann ich mir nicht vorstellen", sagte ich dann und versuchte, meiner Stimme einen normalen Klang zu geben. "Architekt ist ein Traumberuf"

"Nun, das wäre gut zu wissen. Denn man sagt ja, dass ein Mann, der oft seinen Job wechselt, auch andere... Dinge gerne wechselt". Und damit wären wir beim anderen Thema.

Diesmal war es Bernd, der mich aus dieser Situation rettete.

"Johanna hat erzählt, dass du früher geangelt hast. Wenn du möchtest, können wir gerne mal gemeinsam hier an einem der Seen angeln gehen", schlug er vor.

"Das wäre sehr schön", freute ich mich nicht nur über das Angebot, sondern auch über die willkommene Ablenkung.

"Schön!", sagte Bernd, "Vielleicht klappt es ja nach deinen Prüfungen".

Das weitere Essen verlief sehr steif. Bernd und Johanna waren ständig darauf bedacht, Silvias peinliche Fragen in eine andere Richtung zu lenken, ich wollte mich von meiner besten Seite zeigen und Silvia ließ keine Gelegenheit aus, mich bloßzustellen.

 

Als wir uns von den Kepplers verabschiedeten, war ich fertig mit der Welt.

Da Johanna und ich den schönen Tag genutzt hatten und zu Fuß zu ihren Eltern gegangen waren, machten wir nun wieder einen Spaziergang zurück. Wir schwiegen zuerst, doch dann unterbrach Johanna die Stille:

"Ich weiß nicht, was in sie gefahren ist"

"Sie möchte, dass es dir gut geht, das ist alles", sagte ich müde.

"Das ist keine Entschuldigung! Ich werde mit ihr reden müssen. Denn so kann sie nicht mit dir umgehen, wenn wir uns sehen", sagte Johanna entschlossen und ich drückte ihre Hand, die ich bis jetzt fest in meiner gehalten hatte.

"Zumindest kann sie mich beim nächsten Treffen nicht mehr so wie heute ausfragen, denn sie weiß ja jetzt schon viel. Irgendwann gibt es einfach nichts mehr, was sie fragen könnte", versuchte ich zu scherzen, und Johanna schmiegte sich an mich.

"Ich rede mit ihr, keine Sorge", wiederholte sie, und wir legten den Weg zu mir zurück, ohne noch ein Wort über diesen Mittag zu verlieren.

Der Sommer kam schnell. Ich hatte mein 2. Semester ganz ordentlich abgeschlossen und hatte nun Semesterferien. Um mir ein bisschen Geld zu verdienen, hatte ich begonnen, meine gemalten Bilder über ebay zu verkaufen. Der Verdienst war jetzt nicht himmelhochjauchzend, aber es war ein nettes Taschengeld.

 

Marita hatte den Job in der Politik bekommen und war nun öfter außer Haus als gedacht. Und Susan und ich standen nun vor dem Problem, dass der Garten ohne Marita langsam aber sicher seine Form verlor.

"Da müssen dann wohl wir ran", sagte ich lakonisch zu Susan, als wir uns den Garten samt Unkraut ansahen. Sie seufzte auf.

"Gerade ich, die so gar nichts von Pflanzen versteht", meinte sie.

"Das schaffst du schon", munterte ich sie auf, dann holten wir uns Gartenschere und Hacke und begannen, den Garten zu bearbeiten.

Ich begann, dem Unkraut den Garaus zu machen und hoffte, dass ich auch wirklich immer nur Pflanzen rupfte, die nicht in unseren Garten gehörten.

"Marita hängt sich ganz schön in den Job rein", sagte ich zu Susan.

"Ja, sie ist voller Motivation. Ich glaube, sie hat einfach Angst, dass sie mal wieder vor so einer Situation wie mit der Filiale stehen könnte. Ich schätze, sie will jetzt einfach Geld verdienen um Sicherheiten zu haben"

"Aber ihr braucht doch das Geld gar nicht so dringend, oder?", hakte ich nach und zog das "so" in die Länge. Marita seufzte auf.

"Das ist so... nicht ganz korrekt", sagte sie dann und ich sah sie etwas überrascht an. Sie fing meinen fragenden Blick auf. "Du weißt doch, dass wir immer noch den Traum von einer eigenen Familie haben. Und den würden wir dann doch gern in den eigenen vier Wänden verwirklichen". Nun hielt ich in meiner Arbeit inne und erhob mich.

"Ihr sucht euch ein Haus?"

"Nicht sofort. Geht ja auch nicht, unsere Einkünfte sind in den letzten Monaten einfach dermaßen zurückgegangen, dass wir uns jetzt ein eigenes Haus gar nicht leisten könnten. Wir sind froh, dass wir hier so günstig wohnen können. Und ein Kind haben wir ja auch noch lange nicht". Seltsamerweise kam das doch recht überraschend für mich. Dabei war es doch klar gewesen, dass die beiden nur vorübergehend hier wohnen würden.

"Wenn es mal soweit ist, was hoffentlich noch nicht so bald der Fall sein wird, hoffe ich doch sehr, dass ihr in der Nähe bleibt"

"Da mache dir mal keine Sorgen. Maritas Arbeit ist ja jetzt hier, weit können wir also gar nicht gehen. Und wie gesagt: Von einem Haus sind wir noch weit entfernt. Aber das ist der Grund, warum wir jetzt einfach Geld verdienen möchten. Wir müssen uns Eigenkapital ansparen".

"Verständlich", sagte ich zu ihr.

 

Dann wechselte ich das Thema: "Susan, meine Liebe. Ich gebe dir ein paar extra Simoleans auf die Hand, wenn du dich ab jetzt um das Unkraut kümmerst". Ich grinste sie an.

"Ne du, lass mal. So verlockend das Angebot auch ist", an der Stelle grinste sie mich ebenfalls an, "aber ich muss das ausschlagen. Ich kann eine kleine Zierpflanze nicht von einem Unkraut unterscheiden und ich möchte keinen Ärger mit Marita bekommen".

"Faule Ausrede", frotzelte ich, "Als würde ich mich soviel mehr auskennen als du".

"Ja, aber dann bekommst du den Ärger und nicht ich!", lachte Susan, und ich schmiss ein paar der abgeschnittenen Äste nach ihr.

Dann machten wir uns wieder an die Arbeit, damit wir fertig wurden.

"Wie klappt es bei dir mit deiner Kolumne?", fragte ich Susan.

"Abgesehen davon, dass ich praktisch nichts verdiene, ist das Schreiben toll. Alle Arbeiten, bei denen man schreiben kann, sind gut", erklärte Susan.

"Dann schreibe doch ein Buch", schlug ich vor.

"Als würde die literarische Welt dort draußen auf mich warten", gab Susan zurück.

"Warum eigentlich nicht?", fragte ich sie. "Du schreibst doch gut, hast deine journalistische Ausbildung und könntest jetzt z. B. ein Buch darüber schreiben, wie benachteiligt homosexuelle Paare immer noch in der Gesellschaft sind. Du könntest aus eigener Erfahrung schreiben", ermutigte ich sie, und als ich ihre Schere nicht mehr hörte, drehte ich mich zu ihr um und sah, dass sie nachdenklich in die Luft starrte. 

"Weißt du, die Idee ist gar nicht schlecht", murmelte sie dann. "Ich müsste natürlich viel recherchieren..."

"Was für eine Journalistin nicht so schwierig sein dürfte, oder?", warf ich ein.

"Nein, das macht mir ja Spaß. Ich könnte auf diese ganzen Missstände aufmerksam machen, die es immer noch gibt. In allen Lebenslagen. Weißt du was? Wenn wir hier fertig sind, schreibe ich mir die ersten Punkte zusammen. Ich werde einfach mal anfangen und sehen, wohin mich das führt".

"Sehr gut!", sagte ich, und wir schnippelten weiter. Ich freute mich natürlich, ihr einen guten Tipp gegeben zu haben. Wobei ich mich fragte, warum sie selbst noch nicht auf die Idee gekommen war, lag die doch praktisch auf der Hand. Aber manchmal sah man den Wald vor lauter Bäumen nicht, was ich ja schon selbst erfahren hatte.

Als wir fertig waren, sah der Garten eigentlich ganz ordentlich aus. Wenn die Pflanzen jetzt noch unseren Übergriff überlebten war alles gut.

 

Oder wenn Marita nicht sofort in Ohnmacht fiel, wenn sie von der Arbeit kam.

Ein paar Tage später klingelte ganz überraschend Gerda an unserer Tür.

"Gerda! Wie schön, dich mal wieder zu sehen!", freute ich mich, sie zu sehen.

"Ja, es ist wirklich mal wieder Zeit!", bestätigte auch Gerda und wir umarmten uns zur Begrüßung.

Ich führte Gerda dann über unsere Terrasse ins Haus, wo Marita an unserem Schachtisch saß und spielte. Diesen Schachtisch hatten die Mädels bei ihrem Einzug mitgebracht, wurde allerdings bisher von uns dreien schon fast ignoriert. Jetzt aber hatte Marita erklärt, dass viele ihrer Kollegen in der Partei Schach spielten und sie dem nicht nachstehen wollte. Sie übte nun oft, um mit ihren Kollegen mithalten zu können. Sie nahm den neuen Job wirklich sehr ernst.

Ich konnte Gerda noch Reste vom Mittagssalat anbieten und holte uns beiden etwas aus dem Kühlschrank. Und so machten wir es uns im Esszimmer gemütlich.

"Wie geht es euch, Gerda?", fragte ich sie, weil ich gar nicht mehr aktuell war, was ihren Mann und die Kinder anbetraf.

"Ganz gut", sagte sie knapp und starrte auf ihren Teller. Wem wollte sie eigentlich was vormachen?

"Gerda?", hakte ich vorsichtig nach.

Sie hob langsam ihren Kopf, konnte mich aber kaum ansehen. Ich sah ihr an, dass sie mit sich kämpfte. Sicher überlegte sie, was sie nun sagen sollte und ich war mir nun sicher, dass etwas nicht in Ordnung war.

"Du weißt, dass du alles mit mir besprechen kannst", sagte ich sanft. Nun war sie kurz davor, die Fassung zu verlieren.

"Ja, ich weiß", sagte sie dann nach einer ganzen Weile.

"Kann ich etwas für dich tun?". Sie schüttelte sofort den Kopf.

"Es ist wegen Albert", sagte sie dann. Überraschung! Darauf wäre ich ja nie gekommen. Was hatte diese Saftnase jetzt schon wieder gemacht?

"Immer noch kein Job in Aussicht?", fragte ich mitfühlend und Gerda lachte auf.

"Davon sind wir weiter entfernt als je zuvor"

"Warum? Was ist passiert?", wollte ich wissen. Wieder machte Gerda eine Pause und war ganz in Gedanken. Ob sie überlegte, was sie mir nun sagen konnte und was nicht?

"Albert hat ein Alkoholproblem", sagte sie dann leise, doch ich hatte sie verstanden.

Dieser Idiot! Da fehlte der Familie wegen seiner Arbeitslosigkeit eh schon Geld ohne Ende, und dann hatte der Kerl nichts Besseres zu tun, als das bisschen, was noch übrig war, zu versaufen? Gott, ich spürte, wie mir eine richtige Wut den Hals raufkroch. Nicht zu vergessen die vier Kinder, die das jetzt mit ansehen mussten. Am liebsten wäre ich zu den Kappes gerannt und hätte Albert den Hosenboden versohlt.

 

Wäre ja nicht das erste Mal.

"Ich weiß, was du denkst", sagte Gerda. "Aber bitte verurteile ihn nicht vorschnell".

"Ja, soll ich das etwa für gut befinden?", fragte ich und musste meine Stimme zügeln.

"Natürlich nicht. Aber seine Depression ist schlimmer geworden, ich habe das Gefühl, ihm nicht mehr helfen zu können"

"Das kannst du auch nicht. Das kann er nur selbst mit Hilfe von Therapeuten", knurrte ich.

"Aber ich bin seine Frau!"

"Ganz genau. Du bist seine Frau und nicht sein Seelenklempner", warf ich ihr unerschütterlich entgegen.

"Ich weiß nicht, was ich tun soll", jammerte Gerda und sah wirklich unglücklich aus.

"Er muss in Therapie, ganz klar. Darum müsst ihr euch kümmern. Außerdem steht wohl ein Entzug auf dem Programm"

"Oh Gott", seufzte Gerda auf und war mit einem Mal so verloren.

"Rede doch mal mit seinem Hausarzt. Der muss ja das dann alles in die Wege leiten". Gerda schluckte.

"Du meinst, dass er da alleine nicht mehr rauskommt?"

"Niemals. Aber er muss das wollen, sonst geht es nicht. Macht er wenigstens den Eindruck, als täte ihm das alles leid?"

"Ab und zu schon", sagte Gerda.

"Dann rede mit ihm und versuche ihm klarzumachen, dass er Hilfe braucht. Aber rede mit ihm, wenn er nüchtern ist!", fügte ich noch schnell hinzu.

Gerda aß grübelnd weiter.

"Was anderes bleibt mir wohl nicht übrig", murmelte sie kraftlos.

 

Weil sie wegen der Kinder nicht lange bleiben konnte, verabschiedete sie sich schon bald wieder.

"Danke, dass ich immer mit dir reden kann", sagte sie zum Abschied.

"Dafür musst du dich doch nun wirklich nicht bedanken! Mache es gut!"

"Du auch!". Und damit ging sie dann.

Johanna und ich genossen den Sommer, wann immer es ging. Sie hatte ein paar Tage Urlaub, in denen wir natürlich nicht wegfahren konnten, dazu reichte das Geld nicht aus.

 

Aber wir machten es uns trotzdem schön.

Wir gingen picknicken und vergaßen zu essen.

Oder wir aßen stundenlang, weil wir mehr flirteten als uns um die Nahrungsaufnahme zu kümmern.

Wir ließen uns am Automaten Bilder machen, die ich im Schlafzimmer an die Wand hing.

Außerdem musste sie mir Model stehen, weil ich sie malen wollte. Ich hatte mir gewünscht, dass sie dabei das Kleid trug, dass sie auch bei unserem Zusammenkommen getragen hatte.

Das Ergebnis kam dann ins Schlafzimmer neben die Bilder aus dem Fotoautomaten. Auch wenn ich mir wirklich Mühe gegeben hatte, so hatte ich doch das Gefühl, dass ich ihre Herzlichkeit nicht hatte einfangen können. Das Original war und blieb eben ein Unikat, etwas Besonderes.

Und natürlich kam die Liebe nie zu kurz. Mit Johanna zusammenzusein war ein Traum.

Der Herbst kam und die schönen Tage wurden seltener. Die Semesterferien waren vorbei und für mich hieß das den Start in mein 3. Semester.

 

Da das Wetter an diesem Tag mitspielte, waren Susan, Johanna und ich im Garten und erledigten die Arbeiten, die zu tun waren. Inzwischen war ich auch nicht mehr ungeübt und die Pflanzen lebten alle noch.

 

Hätte ich geahnt, was gleich kommen würde, hätte ich den Garten Garten sein lassen und mir einen schönen Mittag mit Johanna gemacht.

Ich hatte so vertieft gearbeitet, dass ich überhaupt nicht bemerkt hatte, dass wir Besuch bekamen.

 

Und wie früher auch begrüßte mich Geraldine sofort mit einem innigen Kuss.

Ich stieß sie von mir und wischte mir mit dem Ärmel über den Mund. Was war an meinen letzten Worten "Geraldine, ich finde, dass wir eine Pause brauchen und uns nicht mehr sehen sollten" so unklar? Das war noch vor dem Zusammenkommen mit Johanna gewesen! Also vor über einem halben Jahr!

Ich blickte Johanna an und sah, dass sie stocksteif und geschockt da stand. Verdammt noch mal! Was bildete sich Geraldine eigentlich ein? Was dachte jetzt Johanna von mir?

Allein die Vorstellung, Johanna könnte mich für einen Fremdgänger halten, machte mich wütend und ich fuhr Geraldine an:

"Sag mal, spinnst du? Was soll denn das?"

"Wie, was soll denn das? Lucas, du hast gesagt, dass du eine Pause brauchst und die habe ich dir gegeben. Aber ich finde, dass du genug Zeit hattest und deshalb wollte ich dich besuchen. Ich habe dich nämlich vermisst. Du mich anscheinend überhaupt nicht! Geht man so mit seiner Freundin um?". Hatte ich mich verhört?

"Freundin?", murmelte Johanna geschockt, drehte sich um und ging weg.

"Schatz! Warte bitte! Geraldine weiß nicht, wovon sie spricht!", rief ich Johanna hinterher, und sie drehte sich tatsächlich wieder herum.

"Schatz?", fragte nun Geraldine nach. "Was hat das zu bedeuten, Lucas? Bist du mir etwa untreu?"

"Wie kann ich dir untreu sein wenn wir gar nicht zusammen sind?", fragte ich genervt.

"Wir sind nicht zusammen? Seit wann das? Wir hatten Sex oder nicht?". Meine Güte, wo war bitte das Erdloch, in das ich hüpfen konnte? Da stand Johanna neben mir und Geraldine grub unsere alten Bettgeschichten aus. Gab es etwas Peinlicheres?

"Geraldine, was auch immer wir vor Eeeewigkeiten getan haben, jetzt ist das nicht mehr so. Das hier ist meine feste Freundin Johanna, und damit ist das Thema erledigt", sagte ich bestimmt zu Geraldine, um dieses unsägliche Gespräch endlich beenden zu können.

"Feste Freundin?", spie mir Geraldine entgegen und verpasste mir eine schallende Ohrfeige, so dass ich schon Sternchen sah. Dann drehte sie sich herum und ging wutentbrannt davon.

Johanna war mit eiligen Schritten ins Haus gelaufen, und ich ihr sofort hinterher, um mit ihr über alles zu reden. Meine Wange fühlte sich an, als würde sie gleich Feuer fangen, so sehr brannte sie, aber das war jetzt egal.

"Jojo, warte mal!", rief ich ihr hinterher, und sie blieb tatsächlich stehen.

Ich nahm sie sofort in den Arm.

"Es tut mir so leid", sagte ich. "Diese Verrückte ist wirklich noch irrer, als ich dachte. Ich habe ihr, noch bevor du und ich zusammen waren, freundlich gesagt, dass wir uns nicht mehr sehen sollten, aber das hat sie wohl nicht verstanden. Die Frau ist wirklich strohdumm". Johanna war recht aufgewühlt, und ich konnte es ihr nicht verdenken. 

"Das war schrecklich. So etwas habe ich ja noch nie erlebt", sagte Johanna an meinem Ohr.

Ich sah sie an.

"Du glaubst gar nicht, wie gerne ich dir das erspart hätte", sagte ich zu ihr.

"Tja, leider konnte das niemand verhindern", sagte sie.

Sie senkte ihren Kopf, und ich fragte mich, was sie dachte.

"Jojo?", fragte ich. "Es ist am Besten, wenn wir diesen dummen Zwischenfall so schnell wie möglich wieder vergessen". Sie seufzte auf.

"Ja, ich werde es versuchen", sagte sie.

"Gut", sagte ich und nahm sie noch einmal in den Arm. Und ich hoffte, dass wir diesen unsäglichen Zwischenfall wirklich schnell vergessen konnten.

Für Marita war der Tag besser gelaufen, denn sie kam nach Hause und verkündete uns, dass sie aufgrund ihrer guten Leistungen nun mit im Team der Wahlkampfleiter wäre. Das freute auch uns anderen natürlich sehr, und an dem Abend feierten wir mit einer Flasche Wein ihren Aufstieg.

Etwa zwei Wochen nach dem Vorfall mit Geraldine musste Johanna geschäftlich mit dem Auto in die nächste Großstadt fahren. Das bedeutete eine Fahrt von etwa 35 Minuten, die sie mit meiner Ente zurücklegte. Als ich dann im Radio von einem Stau wegen eines Unfalls auf dieser Autobahn, die sie benutzte, erfuhr, versuchte ich sofort, sie auf dem Handy zu erreichen.

Als sie dann abnahm, fiel mir ein riesiger Stein vom Herzen.

"Geht es dir gut?", fragte ich sofort nach.

"Ja, es geht mir gut. Abgesehen von der Tatsache, dass ich wegen des Staus, in dem ich feststecke, zu spät zu dem Termin mit meinem Kunden komme", seufzte Johanna auf. Meine Güte, wenn sie wüsste, wie nichtig das im Vergleich zu den Szenarien war, die ich mir schon vorgestellt hatte!

"Hast du seine Telefonnummer? Dann könntest du ihm Bescheid sagen", fragte ich sie.

"Ja, ich habe dort schon angerufen. Man steckt halt nicht drin", sagte sie.

"Wichtig ist, dass es dir gut geht", sagte ich dann. "Du passt gut auf dich auf, ja?"

"Das mache ich", versprach sie mir, bevor wir auflegten.

 

Mit diesem Wissen, dass es ihr gut ging, konnte ich mich jetzt auch für die Uni fertig machen und losgehen.

Die nächste Situation, in der ich vor Angst um Johanna schier umkam, kam schon ein paar Tage später.

 

Sie war bei der Arbeit, und eigentlich hatte sie schon längst Feierabend. Als sie schon fast anderthalb Stunden nach ihrem Feierabend immer noch nicht zu Hause war und ich sie auch telefonisch nicht erreichte, setzte ich mich in meinen kleinen Wagen und fuhr kurzerhand zu ihr in die Firma. Vielleicht wussten die ja näheres.

Ich eilte durch den Flur zu dem Büro, dass sie sich mit einer Kollegin teilte, doch das war vollkommen leer.

 

Mein Herz begann zu rasen. Was, wenn sie schon längst Feierabend gemacht hatte und irgendwo verunglückt war? Ich suchte in den Büros, ob ich jemanden antraf, der mir sagen konnte, wann Johanna gegangen war.

Dann hörte ich aus einem der Büros tatsächlich Stimmen, und ich klopfte an und wartete auf das "Herein!", bevor ich in das Zimmer trat.

 

Ich stand plötzlich in einem Besprechungszimmer, in dem vier Personen waren. Und eine davon war Johanna! Gott sei Dank, ihr ging es gut! Ein rothaariger Mann blickte mich an und fragte:

"Wie kann ich ihnen helfen?"

"Entschuldigen sie die Störung", sagte ich, und Johanna drehte sich überrascht um, als sie meine Stimme erkannte, "Ich bin Lucas Schiller, Johannas Freund, und...". Ich stockte. Was sollte ich denn jetzt sagen? Ich kam mir plötzlich so dämlich vor.

"Entschuldigt mich einen Moment", sagte Johanna zu ihren Kollegen, stand auf und ging mit mir nach draußen.

"Lucas, ist irgendetwas passiert?", fragte mich Johanna mit großen Augen, als wir draußen auf dem Flur voreinander standen.

"Nein", sagte ich und fuhr mir etwas verlegen durch meine Haare, "Aber ich habe mir Sorgen um dich gemacht"

"Du hast dir wegen mir Sorgen gemacht?", hakte Johanna nach.

"Ja, denn es ist ja nun schon ganz schön spät geworden, und ich wusste ja nicht, dass du hier noch eine Besprechung hast"

"Es tut mir leid. Aber ich wusste das auch nicht, mein Chef hat ziemlich spontan ein Meeting einberufen, und hätte ich gewusst, dass das so lange geht, hätte ich dir Bescheid gesagt", erklärte mir Johanna.

"Ist ja auch in Ordnung. So etwas wird es wohl auch in Zukunft immer mal geben, damit muss man rechnen", sagte ich wohl mehr zu mir selbst als zu ihr, um mir klar zu machen, dass ich nicht gleich Panik bekommen musste, wenn sie mal später von der Arbeit kam.

"Ja, ich denke auch", gab mir Johanna recht und wir nahmen uns in den Arm. "Bis nachher. Ich freue mich auf dich"

"Und ich freue mich auf dich", gab ich zurück, dann gab ich ihr noch einen Kuss, bevor sie wieder in ihr Meeting ging.

 

Ich blieb noch kurz stehen und ließ mir die ganze Situation noch einmal durch den Kopf gehen. War ich dabei, panisch zu werden? Oder verrückt? Was war nur mit mir los?

Bei Marita lief es beruflich weiter so ausgesprochen gut. Sie hatte sich gut eingearbeitet und auch gefallen an ihrem Job gefunden, wenn es auch nicht ihr wahrer Traumjob war.

 

Weil Susan für Recherchearbeiten in der Bibliothek war und Johanna noch arbeitete, saßen an diesem Abend nur Marita und ich beim Abendessen.

"Hm, Lucas! Du kochst echt immer besser! Da wird man ja richtig verwöhnt!", bemerkte Marita, nachdem sie von den Koteletts gekostet hatte.

"Naja, du hast ja bis jetzt gearbeitet, während ich heute nur bis um 14.00 Uhr in den Vorlesungen saß. Da ist es doch nur gerecht, wenn ich dann schon was vorbereite, bis ihr von der Arbeit kommt", sagte ich und aß nun ebenfalls mit großem Appetit.

"Du wirst mir zwar gleich ins Gesicht springen, aber ich glaube, dass du ein guter Ehemann und Vater wärst", sagte sie plötzlich.

"Ich?", fragte ich überrumpelt nach. "Nur, weil ich ein bisschen kochen kann? Ich glaube kaum, dass das reicht, um ein guter Familienvater zu sein", sagte ich und dachte sofort an meinen Vater. Der war immer für mich da gewesen. Und die wenige Freizeit, die er gehabt hatte, hatte er am Liebsten mit seiner Familie verbracht. So etwas war ein guter Vater.

"Nein, nicht weil du gut kochen kannst", widersprach Marita. "Es liegt an deiner Einstellung. Für dich sind solche familiären Vorgänge, wie eben jetzt das hier, dass du kochst während wir anderen arbeiten, ganz selbstverständlich sind. Du überlegst da gar nicht, sondern machst einfach. Das ist familiärer Sinn, und den hat man oder hat man nicht".

"Schöne Rede, Frau Politikerin", schmunzelte ich, "Kein Wunder, dass du dich dort, wo du jetzt bist, ganz wohl fühlst"

"Naja...", sagte sie, "du weißt, meine Blumen sind mir lieber. Aber doch, es ist ein sehr abwechslungsreicher und interessanter Job, da kann man nicht meckern. Außerdem werde ich so gut bezahlt wie noch nie. Als Floristin muss man froh sein, wenn man seine monatlichen Ausgaben decken kann".

"Das glaube ich gleich", sagte ich. "Was ist eigentlich mit deiner Blumenbindebank? Musst du die nicht deiner früheren Firma zurückgeben?", fragte ich sie, weil die Werkbank immer noch unser Arbeitszimmer zierte.

"Nein. Weil sie eh abgeschrieben wurde, konnte ich sie günstig kaufen. Das ist für mich toll, denn wenn ich jetzt Lust bekomme, irgendein schönes Blumengesteck zu machen, kann ich das tun. Vorausgesetzt, ich habe die Pflanzen hier, die ich brauche", erklärte Marita. Mich freute es, dass sie diese Möglichkeit zum Ausgleich hatte.

Wir aßen einen Moment schweigend weiter, und Marita sah nachdenklich auf ihren Teller.

"Lucas", begann sie dann, "Sie wollen mich im Stadtrat von Two Lake City haben". Ich sah sie überrascht an. Es war unglaublich, was für eine Karriere sie hier hinlegte. Wenn ich bedachte, wie lange ich bei der Partei gewesen war, ohne auch nur eine Stufe hochzusteigen, konnte man schon neidisch werden. Aber gut, mir hatte der Job überhaupt nicht gefallen, und diese nicht vorhandene Motivation war sicher auch meinen Chefs aufgefallen. Bei Marita lag das anders, sie wollte diese Arbeit wirklich machen. 

"Und kannst du dir das vorstellen oder nicht?", fragte ich. Sie nickte.

"Besser noch sogar als den Job, den ich jetzt gerade mache. Aber hier mitreden zu können, welche Projekte in der Stadt realisiert werden können und welche nicht muss toll sein".

"Dann wirst du es machen, oder?", stellte ich fest.

"Ja, wenn ich genug Stimmen bekomme... Und wenn Susan nachher nicht einen Herzinfarkt beim Gedanken daran bekommt, dass ihre Freundin hier im Stadtrat sitzen wird".

"Ach, was soll sie da dagegen haben?", sagte ich, "Sie wird stolz auf dich sein! So wie ich übrigens auch! Das ist wirklich toll, und wenn du es dir so gut vorstellen kannst, solltest du es auch machen".

"Ich denke, dass ich es tun werde", sagte sie.

 

Wie erwartet hatte auch Susan überhaupt nichts dagegen, ihre Freundin im Stadtrat sitzen zu sehen, und es überraschte mich nicht mehr, dass Marita dann auch wirklich in den Rat gewählt wurde.

 

 

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19.03.19 Endlich! Nach einer gefühlten Ewigkeit habe ich die Seite nun fit für die DSGVO gemacht, alles ist online und ihr könnt hier wieder die Abenteuer meiner Schillers lesen!

 

Ich wünsche euch viel Spaß dabei!

 

 

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