Reine Nervensache

oder: Von der Vergangenheit überrollt

Oliver lächelte, meine Verblüffung war ihm wohl Antwort genug. Und dann sagte er die Worte, von denen ich sogar noch in der darauffolgenden Nacht träumen sollte:

 

„Lucas, dein Vater war auch mein Vater und ich bin dein Halbbruder“

Ich fühlte mich, als hätte man mir einen Eimer voll eiskalten Wassers über dem Kopf ausgeschüttet. Olivers Worte dröhnten in meinem Kopf nach. Halbbruder? Das konnte nicht sein! Der Bengel war jünger als ich und das würde ja bedeuten, dass mein Vater ein Kind mit einer Frau gezeugt hatte, als ich schon auf der Welt war! Unmöglich!

„Ich sehe, dass du verwirrt bist und keine Ahnung hattest, dass es mich gibt“, sagte er nun leise. Keine Ahnung... ja.

 

Plötzlich regte sich etwas in mir. Ich hatte meinen Vater abgöttisch geliebt. Wir waren eine wunderbare Familie gewesen, und dadurch, dass ich meinen Vater oft viele Tage hintereinander nicht gesehen hatte, wenn er mit seinem Laster durch Europa fuhr, genoss ich die Zeit, wenn er dann zu Hause war, dafür umso mehr. Als er dann auf dem Weg zur Arbeit in eine Massenkarambolage auf der Autobahn geriet und starb, war das für meine Mutter und mich einem Weltuntergang gleichgekommen. Und heute bin ich auch sicher, dass meine Mutter meinem Vater gefolgt wäre, wenn es mich nicht gegeben hätte. Meine Mutter ist an dem Tod meines Vaters zerbrochen und hat uns in den ersten Monaten danach völlig mechanisch versorgt. Alles Lachen, alles Leben war von ihr gewichen. Damals habe ich das natürlich noch nicht verstanden, aber heute weiß ich, dass sich meine Eltern sehr geliebt hatten. 

 

Und jetzt stiefelte dieser Idiot hier herein und beschmutzte das Andenken an meinen Vater? Wie konnte er nur!

„Raus!“, schrie ich ihn an, und zeigte zur Tür. „Aber ganz schnell! Ich möchte diesen Quatsch nicht hören!“. Oliver stand tatsächlich auf, war aber ganz gefasst, so als hätte er mit dieser Reaktion von mir schon gerechnet.

„Ich verstehe, dass du Zeit brauchst, um das alles zu verarbeiten“, sagte er. Pah. Was ich brauchte, war eine Keule, mit der ich ihn aus dem Haus jagen konnte!

Doch da Oliver von meinen Gedanken nichts ahnte, fuhr er fort: „Hier, ich habe dir meine Adresse und Handynummer aufgeschrieben. Du kannst dich ja melden, wenn du soweit bist“. Er legte einen Zettel auf das Sofa.

„Also nie“, sagte ich kalt und wartete, bis dieser Kerl endlich verschwand. Er kam zu mir rüber.

„Das du geschockt bist, ist verständlich. Aber wenn du mich ansiehst, weißt du ganz genau, dass ich recht habe“. Ich machte den Fehler, ihn tatsächlich kurz zu mustern. Ein anderes Gesicht schob sich vor mein geistiges Auge...

Ich verdrängte dieses Bild schnell.

„Verschwinde“, sagte ich nun gefährlich leise, und diesmal trottete er tatsächlich wortlos hinaus. Ich schlug die Tür zitternd hinter ihm zu, zerriss dann den Zettel und warf die Schnipsel in den Müll.

Selbstverständlich hatte ich mir vorgenommen, diesen dreisten Kerl so schnell es ging wieder zu vergessen.

 

Und natürlich dachte ich ständig an ihn.

 

Dieser Idiot! Halbbruder! Wie konnte er nur. Mein Vater - ein Fremdgänger. Also wirklich! Wenn seine Eltern auch nur halb so glücklich waren wie es meine gewesen waren, dann schwebten sie die ganze Zeit im 7. Himmel. Der hatte echt keine Ahnung.

 

Hier in diesem Park hatte mir mein Vater das Angeln beigebracht. Wir waren oft hier gewesen und hatten uns unterhalten, während wir dagestanden waren und die Köder ins Wasser gehalten hatten. Mein Vater hatte immer gesagt, dass das unser Männertag war, meine Mutter hatte über dieses Wort gelächelt und uns unseren Spass gelassen. Und ich war stolz gewesen, dass mein Vater mich nicht mehr als kleines Kind gesehen hatte, dabei war ich da erst 12 gewesen.

 

Nach seinem Tod hatte ich nie mehr geangelt.

Eine Erinnerung flashte in meinen Kopf...

 

Ich sah ihn. Und mich.

 

Ich ließ zum ersten Mal seit mehr als 9 Jahren wieder eine Erinnerung an meinen Vater zu.

Und in dem Moment kam der Schmerz zurück. Mit voller Wucht, ich hatte das Gefühl, als schnürte mir jemand meine Kehle zu. Ich vermisste ihn so unendlich. Ich versuchte auch diesmal wieder, den Gedanken an meinen Vater zu verdrängen, aber diesmal gelang es mir nicht ganz, denn dieses Verlustgefühl blieb zurück.

 

Und alles nur wegen diesem Oliver! Gut, dass meine Wut auf diesen Kerl zurückkehrte, mit diesem Gefühl konnte ich gerade besser umgehen. Was der sich dabei dachte, bei mir aufzukreuzen und so eine Behauptung aufzustellen!

 

Blöd nur, dass er die gleichen Augen wie mein Vater hatte. Ganz eindeutig, da gab es nichts zu beschönigen.

 

Wenn also nur ein kleines bißchen von dem stimmte, was er gesagt hatte... Verdammt noch mal! Alles schien ins Wanken zu geraten! Jetzt konnte ich mir nicht einmal mehr sicher sein, ob die Ehe meiner Eltern wirklich so glücklich war, wie ich immer gedacht hatte. Aber bemerkte ein Kind das nicht, wenn es nicht so wäre? Ich war doch nicht blöd! Ich hatte es nicht nur gesehen, sondern auch gefühlt und erlebt, wie sehr sie sich geliebt hatten.

 

Und wäre meine Mutter nach dem Tod meines Vaters, so zusammen gebrochen, wenn das anders gewesen wäre? Nein, ich konnte mich nicht geirrt haben!

Auch in den nächsten Tagen dachte ich immer wieder an Oliver und diese unglaubliche Behauptung. Je mehr ich mir vornahm, nicht mehr darüber nachzudenken, desto öfter huschte das durch meine Gedanken.

Wieso war er nicht dort geblieben, wo er herkam?

Und dann verfolgte mich das alles auch im Traum. Nicht nur Oliver. Sondern auch mein Vater. Schweißgebadet schreckte ich aus dem Schlaf auf. Mein Herz klopfte wie verrückt.

Wieder war da mein Vater gewesen. Wir alle hatten zusammen einen Tag im Seebad verbracht.

 

Wie glücklich meine Eltern gewesen waren!

Und zu diesem Zeitpunkt müsste Oliver schon geboren gewesen sein! Das war so falsch, so abartig. Der Kerl nahm Drogen, anders konnte ich es mir nicht erklären, dass er so eine Behauptung von sich gab.

 

Plötzlich vernahm ich Marlenes leise, verschlafene Stimme von dem anderen Ende des Zimmers, wo ihr Bett stand:

"Lucas? Ist was?"

"Nein, alles in Ordnung", sagte ich halbherzig.

"Das... hat sich gerade aber anders angehört. Du hast geschrien. Alles in Ordnung?", fragte sie. Was? Ich hatte geschrien? Im Schlaf???

"Wahrscheinlich ein blöder Traum, sonst nichts", wiegelte ich ab. Eigentlich wollte ich nur vergessen und nicht darüber quatschen. Ich hatte das schließlich schon einmal geschafft, und damals war ich um etliche Jahre jünger gewesen.

"Das mag sein, aber du bist in den letzten Tagen so verschlossen und nachdenklich. Lass` mich dir helfen", sagte sie.

"Du kannst mir da aber nicht helfen!", sagte ich gereizter, als ich wollte. Sie schwieg für einen Moment betroffen. "`Tschuldige", murmelte ich.

"Schon gut", sagte sie leise. "Aber du kannst jetzt nicht mehr sagen, dass nichts ist. Ich merke das doch! Du kannst das mit mir besprechen, wenn du willst"

Wollte ich...?

 

Ihr sagen, dass da dieser Kerl an der Tür geklingelt und alles so furchtbar durcheinander geworfen hatte, dass es mir schon allein beim Gedanken daran schlecht wurde?

 

Ich wollte. Ich erzählte Marlene von Oliver, von seinem Auftauchen hier und dieser unglaublichen Behauptung, dass mein Vater ein Fremdgänger gewesen wäre, würde das stimmen. Sie hörte mir zu, schien aber lange nicht so betroffen zu sein, wie ich das erwartet hatte.

"Lucas, wenn er die Augen deines Vaters hat, und er auch noch behauptet, sein Sohn zu sein, dann ist es dein Halbbruder. Was ist schon dabei? Soetwas kommt in den besten Familien vor"

 

Hatte sie das gerade ernsthaft so gemeint? Ich sah Marlene in dem Halbdunkel unseres Zimmers an.

"Du kannst das leicht so locker sehen, dir hat man ja nicht vor einer Woche gesagt, dass dein Vater fremd gegangen ist und dabei sogar ein Kind gezeugt wurde!", erboste ich mich. Eigentlich wollte ich ihr zuerst noch von der schwierigen Zeit nach dem Tod von meinem Vater erzählen, aber nach ihren Worten war mir die Lust darauf vergangen.

"Dass das plötzlich und unerwartet gekommen ist, verstehe ich ja. Aber dass du jetzt deswegen hier nur schlechte Laune verbreitest, muss deshalb auch nicht sein, oder?", fragte sie allen Ernstes.

"Wirklich Marlene, kannst du das gar nicht nachfühlen, wie es mir gerade geht?"

"Anscheinend nicht", sagte sie.

"Ich kann hier nicht zur Tagesordnung übergehen und so tun, als wäre alles noch wie zuvor. Ich habe jetzt einen Halbbruder. Und vor einer Woche hatte ich noch keinen". Ups! Jetzt hatte ich das Unaussprechliche also gesagt. Mein Magen zog sich sofort schmerzhaft zusammen, und ich wünschte, dass ich einfach die Zeit zurückdrehen könnte. Aber die Ähnlichkeit war zu offensichtlich, als das ich mich länger gegen die Tatsache wehren könnte. Ich wusste, dass er die Wahrheit gesagt hatte.

"Andere würden sich freuen, einen Bruder bekommen zu haben", meinte sie nur. Klar! Ich empfange Oliver mit offenen Armen und heiße ihn in der Familie willkommen! Was sonst?

"Halbbruder, wenn schon", korrigierte ich sie.

"Meinetwegen auch das. Ist doch egal", sagte sie.

"Ist es nicht", konterte ich. Es war ja wohl ein Unterschied wie Tag und Nacht! Immerhin hatten wir nur den gleichen Vater, und nicht auch noch die gleiche Mutter. Wie seine wohl aussah? Was war das für eine Frau, mit der mein Vater meine Mutter betrogen hatte?

"Vielleicht sollten wir morgen darüber reden, ich sollte eigentlich noch eine Weile schlafen, bevor morgen früh der Wecker klingelt", sagte Marlene.

"Gute Idee", sagte ich grummelig und drehte mich zur Seite.

Wieder träumte ich wild durcheinander, sah meinen Vater neben Oliver. Und konnte es nicht einmal im Traum leugnen, dass die beiden sich verdammt ähnlich sahen.

Am nächsten Morgen sprachen Marlene und ich tatsächlich noch einmal darüber, bevor sie zu ihrer Arbeit fuhr.

"Lucas, ich an deiner Stelle würde mal mit ihm in Ruhe reden. So hat es doch keinen Sinn, du schläfst schlecht, bist tagsüber schlecht gelaunt und das kann es doch nicht sein. Kläre das mit ihm, lasst einen Gentest machen, so dass du weißt, ob er wirklich dein Bruder sein kann. Und dann kannst du ja mal deine Mutter fragen, ob sie davon wusste, dass dein Vater mal eine Affäre hatte". Ich verschluckte mich fast an dem Schluck Kaffee, den ich gerade genommen hatte.

Ja, war denn Marlene von allen guten Geistern verlassen?

"Marlene, kein Wort zu meiner Mutter!", sagte ich scharf. "Das meine ich ernst. Wenn sie da ist wird das Thema nicht einmal in Gedanken angeschnitten. Haben wir uns verstanden?"

"Und du solltest echt was gegen deine schlechte Laune machen!", sagte sie. "Du brauchst mich nicht gleich so anzufahren! Ich habe es verstanden, denn blöd bin ich nicht", sagte sie eingeschnappt. Ich seufzte auf.

"Dann sind wir uns also einig. Meine Mutter erfährt nichts von Oliver, ganz egal, wie es da jetzt weiter gehen mag".

"Ja, wenn du das so willst, bitte", sagte sie. "Jetzt muss ich los. Wann wolltest du die Party hier steigen lassen?", fragte sie schon fast an der Tür. Die Party! Meine Güte, Mark plante schon mit Nachdruck, das Wetter wurde wirklich immer besser und so stand der Wetteinlösung nichts mehr im Weg. Gerade jetzt! Ich hatte mich so auf diese Party gefreut. Hätte mich Oliver nicht einfach einen Monat später auftreiben können?

"Äh...", sagte ich desorientiert. "Wenn das Wetter hält, in zwei Wochen", sagte ich.

"Alles klar. Und ich muss wirklich nichts machen?"

"Nein, macht alles Mark", antwortete ich.

"Okay. Dann bis heute Abend", verabschiedete sie sich.

"Ja", gab ich zurück.

Wie furchtbar! Eine Party in so einer Situation! Ein Halbbruder, der aus dem Nichts aufgetaucht war! Und die Frage, warum mein Vater fremd gegangen war...

Wieder kamen Erinnerungen hoch. Diesmal sah ich mich selbst, als 13jährigen Jungen. Mein Vater war gerade gestorben, und in mir drin war alles Gefühl diesem alles verzehrenden Schmerz gewichen.

 

Es war ein Alptraum gewesen, aus dem es kein Erwachen gab. Mein Vater war einfach nicht mehr da!

Meine Mutter war innerlich mit ihm gestorben, nicht einmal ich war an sie herangekommen. Es war schrecklich gewesen.

Und so war ich oft allein mit meinem Schmerz. Meine Mutter war nicht in der Lage, mich zu trösten, dazu war sie selbst viel zu geschockt.

 

Geschockt war auch ich, ich erinnerte mich, dass ich keine einzige Träne geweint hatte. Es war so, als wären diese Lebensfunktionen von mir ebenfalls begraben worden. Ich war einfach nicht fähig, zu weinen, zu lachen, zu schreien.

Als mich diese Hilflosigkeit erneut überrollen wollte, schüttelte ich den Gedanken ab und duschte ausgiebig. Danach zog ich mich an und stellte fest, dass ich noch eine Viertelstunde Zeit hatte, bis ich zur Arbeit musste.

 

Wie magisch wurde ich an meinen Koffer gezogen. Ich hatte die Dinge, die ich brauchte, natürlich schon längst ausgepackt. Aber es gab auch Dinge, die man nicht brauchte und irgendwo nur deshalb aufbewahrte, weil man sie nicht wegwerfen wollte, weil Erinnerungen daran hingen.

 

Und das hier gehörte eindeutig dazu.

Ich zog den kleinen, gelben Hasen aus dem Koffer. Vorsichtig nahm ich ihn hoch und sah ihn an. Er war abgegriffen, was zeigte, dass ich ihn als Kind oft in der Hand gehabt hatte. Ich war in den Kindergarten gekommen, und meine Eltern hatten mir den Hasen gekauft, damit ich ein Stück Zuhause mit in den Kindergarten nehmen konnte, so dass mir es mir leichter fiel, mich an die neue Situation zu gewöhnen.

Mein Hoppel. Das war der Name, den ich dem Hasen gegeben hatte. Und er erinnerte mich an eine wunderschöne Kindheit. Bis zu diesem Tag, der wirklich alles verändert hatte.

 

Hoppel war mein ständiger Begleiter gewesen, bis ich etwa 7 war. Mit 9 hatte ich ihn dann in eine Kiste gepackt, weil mir ein kleiner Plüschhase zu uncool gewesen war. Ich glaubte mich zu erinnern, dass auch Mark einmal eine entsprechende Bemerkung gemacht hatte. Als mein Vater gestorben war, hatte ich ihn einmal aus seiner Kiste unter meinem Bett hervorgeholt und ihn an mich gedrückt. Dabei hatte ich mir eingebildet, den alten Geruch noch zu riechen, und das hatte mich sogar ein wenig getröstet.

Ich legte Hoppel wieder zurück und fühlte mich auch jetzt ein wenig besser, einfach nur, weil ich ihn mal wieder in der Hand gehalten hatte. Dann war es auch schon soweit, zur Arbeit zu gehen.

Als Marlene an dem Abend bereits im Bett war, saß ich noch auf der Couch und grübelte wieder über das alles nach. Oliver, mein Vater, meine Mutter - das alles flog unkontrolliert durch meinen Kopf.

 

Dann kam wieder eine Erinnerung, diesmal von einer Situation, an die ich am Liebsten nie mehr gedacht hätte. Meine Mutter... völlig fertig. Ich sah ihre Tränen wieder... und plötzlich kamen die Erinnerungen mit einem einzigen, fast schmerzhaften Schlag zurück:

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Das war dann der Moment, als ich psychisch zusammenbrach. Ich konnte nicht mehr.

 

Alles, wirklich alles stürmte auf mich ein, und das gleichzeitig. Das Auftauchen von Oliver brachte all das wieder zum Vorschein, was ich die letzten Jahre erfolgreich verdrängt hatte.

Und dann weinte ich. Ich war fast 24 Jahre alt und hatte mit 13 keine einzige Träne vergossen, aber jetzt brach es einfach aus mir heraus.

Ich brauchte eine Weile, bis ich mich wieder soweit beruhigt hatte, dass zumindest keine Tränen mehr kamen.

 

Doch ich fühlte mich ausgelaugt und müde. Völlig kraftlos.

Ich saß immer noch völlig fertig auf dem Boden, auch wenn meine Tränen inzwischen getrocknet waren, als plötzlich jemand meinen Namen sagte.

"Lucas". Es war eine männliche Stimme, und ich hob den Kopf, um zu sehen, wer da war. Als ich einen überlebensgroßen Hoppel vor mir stehen sah, rappelte ich mich in Sekunden auf.

 

Ja, war ich denn dabei, verrückt zu werden?

"Was machst du denn hier?", fragte ich. War das wirklich meine erste Frage an ein groß gewordenes Stofftier, das eigentlich in meinem Koffer ruhte? Hoppel lächelte mich an.

"Ich war doch immer für dich da, wenn es dir schlecht ging, oder?", fragte er. Tja, das stimmte zwar schon, aber er war dabei noch nie vor mir gestanden und hatte mit mir gesprochen. Ich wurde wohl tatsächlich verrückt.

 

Also sagte ich erst einmal nichts sondern starrte ihn an. Vielleicht würde er sich auch gleich wieder in Luft auflösen.

"Du hast dich wieder an mich erinnert. Das hat mich gefreut", fuhr Hoppel fort.

"Ja, ich...", stotterte ich und hielt inne. Was tat ich hier eigentlich? Hoppel schien meine Unsicherheit zu bemerken.

"Keine Sorge, Lucas. Du kannst mir nach wie vor dein Herz ausschütten. Ich bin immer noch dein altes Schmusetier, auch wenn ich jetzt etwas größer vor dir stehe". Ich sah ihn an und erinnerte mich urplötzlich daran, wie er zu diesem Fleck auf seiner Brust gekommen war. Das waren Sand-Matsch-Flecken, ich hatte Hoppel im Urlaub an der Nordsee dabei gehabt. Natürlich hatte meine Mutter versucht, diese Flecken wieder zu entfernen, was zum Großteil auch gelungen war, aber eben nicht komplett. Das hier waren die Reste vom Watt dort.

"Das war ein toller Urlaub, oder?", fragte mich der Hase urplötzlich. Konnte er auch Gedanken lesen?

"Natürlich kann ich das! Das haben wir Stofftiere so an uns", beantwortete er diese unausgesprochene Frage.

Plötzlich hoppelte er vor mir hin und her.

"Was machst du denn da?", fragte ich ihn. Ich hatte gehofft, dass ich ihm nun mein Herz ausschütten konnte, und jetzt hatte er nichts Besseres als diesen Unfug im Sinn?

"Erinnerst du dich nicht mehr?", fragte er mich. "Dieses Spiel hast du doch so gemocht. Häschen in der Grube heißt das". Ich seufzte auf.

"Doch, ganz dunkel kann ich mich an dieses Spiel erinnern. Aber dafür bin ich entschieden zu alt geworden". Plötzlich lachte Hoppel los.

"Du hast recht. Ich muss mich wohl erst daran gewöhnen, dass du erwachsen geworden bist"

"Das wäre nett", sagte ich bestimmt.

Urplötzlich blieb er dicht vor mir stehen.

"Ich kenne deinen Kummer", sagte er. "Und ich weiß, dass du mit mir darüber reden willst". Ich schluckte hart.

"Ja, du hast schon so manches von mir hören müssen", sagte ich. Er nickte. 

"Lass` jetzt erst einmal diesen Schmerz zu. Du warst viel zu tapfer, damals, als dein Vater gestorben ist". Wieder schluckte ich hart.

"War ich nicht", krächzte ich.

"Doch, natürlich. Du hast Unglaubliches geleistet und warst dafür viel zu jung. Verarbeite jetzt zuerst einmal diese Trauer um deinen Vater. Wann warst du zuletzt auf dem Friedhof?". Ich schloss kurz die Augen.

"Am Tag seiner Beerdigung", antwortete ich dann.

"Siehst du. Ich weiß, dass deine Mutter nicht die Kraft hatte, mit dir auf den Friedhof zu gehen. Ihr habt ihn aus eurem Leben gestrichen, als hätte es ihn nie gegeben. Aber das ist falsch. Du konntest dich nie richtig von ihm verabschieden"

"Ich weiß. Dabei bin ich noch besser dran gewesen als meine Mutter, denn ich habe an dem Morgen noch mit ihm gefrühstückt und habe ihm auf Wiedersehen gesagt, bevor er zur Arbeit gegangen ist. Sie ist ausgerechnet an dem Tag länger liegen geblieben, weil Ferien waren"

"Ja, aber du konntest nie richtig diese Trauer verarbeiten. Gehe zum Friedhof. Das Grab ist sicher sehr ungepflegt, weil nie jemand was gemacht hat, aber dort ist er trotzdem begraben. Rede mit ihm. Lasse deinen Schmerz endlich zu".

"Ich wollte das allles eigentlich schnellstmöglich wieder vergessen...", stammelte ich unsicher.

"Nein, dann würde sich das alles irgendwann einmal wiederholen"

Ich starrte Hoppel an. Hatte er womöglich recht?

"Natürlich habe ich recht!", sagte er auf meine Gedanken.

"Ich werde hingehen", versprach ich ihm.

"Sehr gut. Dann diese andere Sache...", begann er und ich wusste, was jetzt kam.

"Habe ich mein ganzes bisheriges Leben etwas gesehen, was nie so gewesen ist? War die Ehe meiner Eltern gar nicht so, wie ich immer dachte?", fragte ich.

"Doch, mein Lieber", antwortete Hoppel. "Du hättest es gespürt, wenn es anders gewesen wäre. Und wenn du nun wirklich ganz fest davon ausgehst, dass sich deine Eltern sehr geliebt hatten: Was denkst du, warum könnte es Oliver geben?"

"Ich weiß nicht, dieser Gedanke ist für mich unerträglich"

"Ja, das verstehe ich sehr gut und das würde jedem so gehen. Aber wenn du die Augen vor der Wahrheit verschließt, wird es auch nicht besser"

"Wahrscheinlich hast du recht", musste ich zugeben.

"Natürlich!", sagte Hoppel im Brustton der Überzeugung, so dass ich sogar leicht lächeln musste.

"Ich weiß nicht, wie ich damit klar kommen soll, dass es Oliver gibt", gab ich zu.

"Dann rede doch mit ihm. Vielleicht erfährst du so noch mehr über seine Entstehung. Aber es bringt doch nichts, wenn du trotzig wie ein Kleinkind seine Existenz verleugnest"

"Also, so war es nun auch nicht", sagte ich jetzt mindestens genauso trotzig.

"Doch, natürlich. Dein Vater ist vielleicht fremd gegangen, aber ich bin sicher, dass er nicht einmal wusste, dass es Oliver gibt". Ich grübelte. Nein, das konnte ich mir wirklich auch nicht vorstellen. Man hätte es doch merken müssen, oder?

"So sehe ich das auch", sagte Hoppel. Ich gewöhnte mich so langsam daran, dass er meine Gedanken las.

"Vielleicht war es ein Ausrutscher", sagte ich. "Oder er ist verführt worden. Vielleicht stand er unter Alkoholeinfluss, als es passierte", zählte ich die Möglichkeiten auf, die mir einfielen. Hoppel lächelte.

"Ja, das wäre möglich. Und es gibt nur eine Person auf dieser Welt, die dir diese Frage beantworten kann". Ich sah Hoppel an und die Antwort lag mir auf der Zunge, doch ich kam nicht darauf. Oliver wusste sicher auch nicht viel mehr, wenn er erst vor einem Jahr überhaupt erfahren hatte, dass er einen anderen Vater hatte. Außerdem wird ihm seine Mutter nicht die ganze, pikante Geschichte erzählt haben... seine Mutter! Nun grinste Hoppel noch mehr.

"Sie ist die einzige, die es weiß, Lucas. Nehme Kontakt zu Oliver auf, seine Nummer hast du ja"

"Die liegt im Müll"

"Dann hole den Zettel da wieder raus. Rufe ihn an, nur über ihn kommst du an seine Mutter ran"

"Ich weiß` nicht, ob ich wirklich wissen will, wie er entstanden ist. Vielleicht war sie die wirkliche große Liebe meines Vaters und er wollte nur keine Scheidung oder so, weshalb er bei mir und Mutter geblieben ist"

"Glaubst du das wirklich?", fragte Hoppel und sah mich an. 

Ich horchte tief in mich hinein. Könnte eine andere Frau meinem Vater wichtiger gewesen sein als meine Mutter?

"Nein", sagte ich dann. "Nein, das glaube ich nicht"

"Ich auch nicht", sagte Hoppel. "Wahrscheinlich ist sie so eine wie Angela Ermakova. Eine Besenkammer-5-Minuten-Affäre". Ich konnte nicht anders und lachte los. Hoppel stimmte in mein Lachen ein, und so stand ich nachts um halb drei in meinem Wohnzimmer mit meinem alten Lieblingsstofftier und lachte. Und das weckte dann wahrscheinlich auch Marlene, denn sie kam verschlafen aus unserem Schlafzimmer getrottet.

"Warum lachst du denn so laut, Lucas?", fragte sie verwirrt.

"Ähm...", sagte ich verlegen. Wie peinlich! Jetzt sah Marlene diesen großen Hasen und ich musste wohl oder übel erklären, wie er hierher gekommen war.

"Keine Sorge, sie sieht mich nicht", sagte Hoppel.

"Was?", fragte ich zurück, und das veranlasste Marlene dazu, ihre Frage zu wiederholen, weil sie dachte, dass ich mit ihr gesprochen hatte:

"Warum lachst du denn so laut mitten in der Nacht?", fragte sie und mir wurde klar, dass sie Hoppel tatsächlich nicht sah. Dieser winkte Marlene jetzt fröhlich zu und ich musste mir das Grinsen verkneifen.

"Ich... also, naja. Heute Nacht bin ich wohl ein wenig besser gelaunt", sagte ich dann nur.

"Aha", machte Marlene. "Das ist ja schön. Gab es etwas Witziges im Fernsehen?", vermutete sie drauf los, obwohl der Fernseher aus war. Doch was sollte ich auch sonst sagen? Die Wahrheit ging ja schlecht, also sagte ich:

"Genau. War irre lustig". Sie sah mich noch einmal mit einem seltsamen Blick an, dann meinte sie:

"Gut. Ich lege mich wieder hin".

"Ja, gute Nacht", sagte ich, und Marlene ging zurück ins Schlafzimmer. 

Hoppel wandte sich wieder an mich.

"Lucas, es wird Zeit für mich, wieder zu gehen. Mache es aber so, wie wir besprochen haben. Verabschiede dich erstmal richtig von deinem Vater, damit du das verarbeiten kannst. Und dann nehme Kontakt mit Oliver auf. Auch wenn seine Mutter nichts sagen will, so könntest du dich wenigstens mit dem Gedanken vertraut machen, ab jetzt einen Halbbruder zu haben. Du kannst ihn nicht einfach ignorieren". Ich wollte schon protestieren, dass ich das sehr wohl könnte, besann mich dann aber. Ich hatte ja gesehen, was die letzten Tagen gebracht hatten.

"Genau. Es bringt wirklich nichts, sich dagegen zu verschließen", hatte er mal wieder meine Gedanken gelesen. "Tu` es einfach, Lucas! Ich glaube an dich!".

"Ja, wie früher", murmelte ich.

"Ganz genau!", lächelte Hoppel. "Und jetzt mach` mal ein bißchen Platz, damit ich hier wieder verschwinden kann". Ich trat überrascht zur Seite. Hoppel ging in die Knie, machte einen riesigen Hopser und verschwand dann dort, wo er eigentlich durch unsere Wohnzimmerdecke brechen müsste, völlig lautlos.

 

Ich hätte verwirrt sein müssen, statt dessen fühlte ich mich erleichtert. Hoppel hatte mir gesagt, was ich tun sollte, und so würde ich es auch machen.

Am nächsten Morgen durchsuchte ich noch im Schlafanzug den Müll. Es war zwar klar, dass ich Oliver nicht sofort anrufen würde, aber da mir Hoppel ins Gewissen geredet hatte, wollte ich zumindest mal die Handynummer retten.  

 

Ich fand nach einigem Suchen zwischen alten Essensresten und sonstigem stinkendem Müll die Schnipsel des Zettels, den mir Oliver hingelegt hatte. Was ich wegen diesem Kerl durchmachen musste, passte auf keine Kuhhaut.

 

Die Schnipsel legte ich dann zusammen, so dass ich alles so einigermaßen entziffern konnte, und schrieb mir einen neuen Zettel, damit ich diese stinkenden Schnipsel wieder in den Müll befördern konnte. Den neuen Zettel legte ich auf den Schreibtisch.

 

Hoppel hatte zwar gemeint, ich solle Oliver anrufen, aber das konnte ich jetzt noch nicht. Der Kerl hatte hier immerhin alles durcheinander gebracht. Ich würde ihm vermutlich an die Gurgel springen, wenn er jetzt vor mir stünde und auch nur ein falsches Wort sagte.

Das Besuchen von dem Grab meines Vaters machte ich dann auch schon eine Woche später. In den ersten Tagen hatte ich immer im letzten Moment gekniffen. Zuviel Bammel hatte sich aufgestaut, aber jetzt war ich entschlossen, es zu tun.

 

Es war an der Zeit. Eindeutig.

Ich trat zögernd duch das große Tor und blieb kurz stehen. Ich war hier zuletzt vor 10 Jahren gewesen, aber sofort fühlte ich diese bedrückende Stimmung wieder.

 

Doch dann setzte ich mich wieder in Bewegung. Ich würde genau heute das Grab meines Vaters besuchen. Heute. Heute!

Also suchte ich die Reihen der Gräber ab, um ein besonders verwittertes Grab ausfindig zu machen, in dem mein Vater lag.

Und dann stand ich davor. Es war tatsächlich völlig verwahrlost, hier hatte man also wirklich zehn Jahre lang nichts gemacht. Das Holzkreuz war vermost, man konnte den Namen darauf kaum mehr erkennen. 

 

Doch nicht das ließ mich erstarren. Sondern die Tatsache, dass ich hier tatsächlich an Vaters Grab stand.

"Daddy", flüsterte ich und fühlte mich plötzlich wieder wie 13 Jahre alt. "Du fehlst mir so. Und Mama auch. Wir haben eine Ewigkeit gebraucht, bis wir wieder halbwegs normal leben konnten. Mama war total fertig, weißt du? Sie hat auch nicht wieder einen Freund gehabt, sie hing so an dir. Genau wie ich". Ich atmete tief ein.

Ich hielt kurz inne.

"Papa, wusstest du von Oliver?", fragte ich dann. "Du hast nämlich noch einen Sohn. Er war bei mir. Und ich frage mich jetzt immer, warum du Mama betrogen hast. Ich habe immer das Gefühl gehabt, dass ihr ein besonders glückliches Paar wart, und dann kommt Oliver daher und labert davon, dein Sohn zu sein". Wieder hielt ich inne und schloss die Augen. Gott, was tat ich hier eigentlich? Ich stand hier am Grab meines Vaters und sprach mit ihm! Doch er konnte mir nicht antworten. Er nicht.

 

Und wenn ich meine Mutter nun ausschloss, die ich zu der Sache sicher nicht befragen würde, wenn ich verhindern wollte, dass sie wieder einen Nervenzusammenbruch erlitt, dann gab es wirklich nur noch eine Frau, die mir würde Fragen beantworten können. Und zu ihr kam ich eben nur über Oliver. Das war mir ganz klar. Ich erzählte meinem Vater noch ein bißchen von mir, was ich die letzten Jahre so gemacht hatte, und irgendwann war es an der Zeit, zu gehen. 

"Ich werde dein Grab bald richten, Daddy", sagte ich noch leise zu ihm, bevor ich mich ebenso leise verabschiedete und dann ging.

 

Und obwohl keine meiner Fragen beantwortet worden war, fühlte ich mich um einiges besser jetzt. Hoppel hatte also recht gehabt. Es war gut gewesen, hierher zu kommen.

Ein paar Tage später traf ich mich mit Mark bei ihm zu Hause, um die letzten Details für die Party zu klären. Der Wetterbericht versprach gutes Wetter am Wochenende, und dort sollte dann die Party statt finden.

 

Mark lebte in dem alten Haus seiner Großeltern mütterlicherseits, die vor ein paar Monaten mit Sack und Pack nach Spanien gezogen waren. Sie wollten ihren Lebensabend in einem gemäßigteren Klima verbringen und hatten sich eine Wohnung auf Gran Canaria gekauft.

 

Mark hatte das Haus dann übernommen. Ich wusste, dass er noch viel daran renovieren musste, doch dies wegen des Geldes nur etappenweise konnte. Sein Gehalt als Maurer war nun auch nicht gerade so üppig. Warum er sich nach dem Abitur ausgerechnet für den Maurerberuf entschieden hatte, wusste keiner so genau. Er hatte damals nur gemeint, dass er einen Beruf brauche, in dem er richtig mit anpacken konnte.

Wir besprachen also noch mal alles wegen dem Essen und der Getränke, wann Mark das bringen würde und die Dekoration, die ich von meiner Mutter leihen würde.

 

Das Schöne war, das Gespräch mit Mark lenkte mich sogar ein wenig von den ganzen anderen Dingen ab, die mir nun schon seit Tagen im Kopf herum irrten.

"Sag` mal Mark, meinst du, die Frauen machen sich da keine Gedanken, wenn ich nur weibliche Gäste auf der Party habe?", fragte ich. Mir war das auf dem Weg hierher eingefallen und ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass es den Damen nicht auffiel, dass es außer Mark und mir keine männlichen Gäste geben würde.

"Hm", machte Mark und überlegte. "Ich glaube, du hast recht. Auffallen wird es ihnen bestimmt, und dann wird das ihnen komisch vorkommen"

"Ja, das habe ich auch gedacht", stimmte ich zu.

"Wie wäre es, wenn wir einfach noch den einen oder anderen Alibi-Mann dazu einladen? Mein Bruder etwa, dein Geschäftskollege, mit dem du dich gut verstehst - wie heißt er? Benjamin, oder?"

"Ja, genau", antwortete ich und dachte über Marks Vorschlag nach. Und fand ihn gar nicht so schlecht.

"Du, ich glaube, so machen wir es. Wenn dann nachher deutlich mehr Frauen da sind, fällt das nicht so auf, als wenn nur wir zwei Männer da gewesen wären. Ich frage mal Benny, ob er am Wochenende Zeit hat"

"Und ich meinen Bruder", sagte Mark. Damit waren wir mit unseren Partyvorbereitungen fertig und quatschten einfach so noch ein Weile.

 

Und ich erzählte ihm vom Besuch von Oliver. Mark hörte mir aufmerksam zu, konnte dann aber auch nicht mehr als Hoppel sagen. Ich sollte ihn mal anrufen und noch einmal in Ruhe mit ihm reden.

 

Ja, das hatten alle vorgeschlagen. Warum konnten sie sich eigentlich nicht vorstellen, was für eine Überwindung mich dieser Anruf kostete?  

Am Tag der Party war aber Oliver erstmal vergessen, es gab einfach zu viel zu tun. Mark kam schon mittags zu uns, um beim Aufbau zu helfen. Pünktlich vor der Party waren auch endlich die Durchgangstür zur Terrasse und die Küchentheken geliefert worden. 

"Hey, Kumpel!", begrüßte ich ihn.

"Na, bist du schon aufgeregt?", fragte er grinsend.

"Nicht, wenn du deine Sache ernst gemeint hast und wirklich die netten Mädels kommen", meinte ich.

Mark grinste frech.

"Ja, lass` mal überlegen, wen ich da alles eingeladen habe: Unsere alte Geschichtslehrerin aus der 11. Klasse, die fandest du doch immer so nett, oder? Dann die Verkäuferin im Kiosk mit den roten Haaren. Weißt du, wen ich meine?". Ich knuffte ihn in die Rippen. Und wie ich das wusste.

"Du meinst die Dame, die mal irgendwann einmal rote Haare gehabt hat, bevor sie nicht nur grau geworden sondern auch in Büscheln ausgefallen sind?", fragte ich. Sein Grinsen wurde breiter.

"Genau die! Deine alte Nachbarin, die Frau Beck, wollte auch unbedingt kommen. Die war doch immer so hocherfreut, wenn uns der Fußball beim Spielen in ihren Garten geflogen ist", gluckste er. Ich musste mitgrinsen. Frau Beck hat uns den Fußball sogar einmal zerstochen, weil er an dem Tag das dritte Mal in ihrem Blumenbeet gelandet war, was dann Ärger mit meiner Mutter gegeben hatte.

"Tolle Gästeliste, Mark!", sagte ich ironisch. "Da hast du dich selbst übertroffen!"

"Wusste ich doch, dass ich deinen Geschmack treffe!", lachte er.

"Legen wir los?", fragte ich dann.

"Ja, im Auto sind die Kisten mit dem ganzen Zeug".

"Dann mal los!", feuerte ich uns an und wir begannen, die Party vorzubereiten.

Auch Marlene half mit, und als sie auf die Terrasse kam, staunte sie nicht schlecht.

"Wow, die Klappstühle sind ja klasse, Mark!", sagte sie beim Anblick der Stühle, die Mark schon am Vortag gebracht und auf der Terrasse gelagert hatte.

"Nicht schlecht, oder? Die haben meine Eltern letztes Jahr gekauft"

"Wirklich toll. Wo kann ich denn jetzt anpacken?", fragte sie.

"Wenn du helfen willst, könntest du mal die Fackeln aufstellen und die Lichterketten entwirren. Ich habe gesehen, dass die recht verknotet sind", sagte ich zu ihr.

"Okay. Ein Geduldspiel für mich also", lachte sie und machte sich ebenfalls an die Arbeit.

Zu dritt schafften wir es auch, rechtzeitig fertig zu werden, und wir waren noch nicht lange fertig, als schon die ersten Gäste eintrudelten.

 

Und Mark hatte natürlich Wort gehalten: Dort kamen keine alte Schreckschrauben angelaufen, die wir in eher schlechter Erinnerung behalten hatten. Es kamen wirklich die Frauen, die ich irgendwann einmal getroffen hatte und die schlicht heiß waren.

 

Hier vorne etwa Anna Müller. Ging in die Parallelklasse, mit der wir mal einen mehrtägigen Ausflug nach Rom gemacht hatten. Sie war zwar keine Italienerin, aber mindestens genauso feurig. Wir zwei hatten vier tolle Tage gehabt.

Dann kamen Susi und Rita, die zwei Damen, mit denen ich den ersten und bisher einzigen Dreier meines Lebens hatte. 

 

Hinten kamen die rothaarige Larissa, dann Nadja, und schließlich Emily. Larissa kannte ich aus dem obligatorischen Tanzkurs, den wohl jeder 14jährige Junge machen musste, Nadja war eine Kollegin aus einem Aushilfsjob gewesen, den ich vor zwei Jahren gemacht hatte und Emily hatte ich auf dem Stadtfest hier in Two Lake City kennengelernt. Was war das schön, sie alle mal wieder zu sehen!

Auch Johanna kam früh und ich freute mich riesig, dass sie und Mark schon bald zusammen tanzten.

 

Benny war noch ein wenig unschlüssig und sah zuerst nur mal zu. Dabei hatte er hier doch wirklich genug Auswahl an super Mädels!

Mark hatte sogar Babsi aufgetrieben! Die Nummer musste er aus meinem Geldbeutel haben, denn er war ja an dem Abend nicht mit im Black Sky gewesen, als ich Babsi getroffen hatte. Ich tanzte mit ihr.

Doch es waren immer noch nicht alle Gäste da.

"Kirsten!", rief ich freudig aus, als ein Neuankömmling auf mich zustürmte und mich umarmte.

"Es ist so schön, dich mal wieder zu sehen!", flüsterte sie an meinem Ohr.

"Allerdings!", sagte ich und sah sie an. Sie war immer noch unglaublich attraktiv, hatte was von "Schneewittchen" mit diesen pechschwarzen Haaren, der hellen Haut und den roten Lippen.

 

Kirsten war meine erste Freundin gewesen. Sie war die kleine Schwester eines Klassenkameraden, und wir hatten uns irgendwann zwischen den Besuchen bei ihm und den kurzen Begegnungen in der Schule verknallt. Damals war ich 16 gewesen. Immerhin gingen wir fast 7 Monate miteinander, eine Meisterleistung für mich, die ich danach nie mehr übertroffen hatte. 

Wir quatschten eine ganze Weile, denn wir hatten uns schon lange nicht mehr gesehen. Nach meiner letzten Information war sie mit ihrem Freund vor etwa anderthalb Jahren zusammen gezogen.

"Wohnst du noch mit deinem Freund in Deep Village?", fragte ich. Sie wurde kurz ernst.

"Nein. Ich habe mich vor einem halben Jahr von ihm getrennt", sagte sie. Oh. Das tat mir ehrlich leid, ich hätte es ihr gegönnt, glücklich zu sein.

"Das tut mir leid", sagte ich dann ehrlich, doch sie machte eine wegwerfende Handbewegung.

"Glaube mir, mir nicht. Ist besser so. Außerdem kann ich dafür jetzt hier richtig mit dir feiern. Bernd hätte mir das niemals erlaubt. Er ist echt notorisch eifersüchtig"

"Du bist aber auch wahnsinnig hübsch!", schmeichelte ich ihr. Sie lächelte.

"Danke. Das Kompliment gebe ich gerne zurück", sagte sie.

 

Mark trat zu uns, und Kirsten bedankte sich bei ihm für die Einladung.

"Also, das war doch klar, dass du da dazu gehörst!", wiegelte er ab.

Die Stimmung war bald schon richtig klasse, die Mädels waren super drauf.

 

Aus dem Augenwinkel bekam ich mit, dass Mark Johanna sitzen ließ. Was war jetzt wieder los? Hoffentlich holte er nur einen Nachschlag vom Essen. Und wo war eigentlich Benny? Meine Güte, was war nur mit meinen Freunden los? Es wimmelte hier von gutaussehenden Frauen und ich schien der einzige zu sein, der das genoss.

 

Da konnten die Mädels aber echt besser feiern, das musste man ihnen lassen.

Babsi wurde irgendwann von Matthew, Marks jüngerem Bruder, in Beschlag genommen, der den ganzen Abend nicht mehr von ihrer Seite wich. Babsi beachtete ihn kaum und unterhielt sich angeregt mit den anderen Gästen, wie hier Manuela.

 

Armer Matthew.

Ich schnappte mir irgendwann Rita für einen Tanz.

 

Hinter mir saß Mark an einem der Tische. Wieder ohne Johanna. Ich verstand ihn nicht. Jetzt hatte ich Johanna extra für ihn eingeladen, und er kümmerte sich kaum um sie.

Nach meinem Tänzchen mit Rita ging ich zu ihm.

"Mark!", zischte ich, weil Johanna nicht weit von uns entfernt stand. "Dort drüben steht Johanna. Was machst du also hier? Jetzt rede doch mal mit ihr! Wir sind doch keine Teenys mehr!". Mark sah mich mit einem seltsamen Blick an.

"Ich habe doch vorhin schon mit ihr getanzt", wich er aus.

"Ja, und seither hast du sie nicht mehr angesehen!", warf ich ihm vor.

"Quatsch!", sagte er lauter als beabsichtigt. Matthew hatte seinen Bruder wohl gehört und kam zu uns.

"Alles klar, Jungs?", fragte er dann auch.

"Ja, alles klar", antwortete ihm Mark.

"Dann ist es ja gut", meinte Matthew, bevor er wieder zu Babsi verschwand.

"Echt Mark! Jetzt gehe halt zu ihr hin! Rede doch über irgendetwas mit ihr, und wenn es nur das Essen hier vom Buffett ist!", fuhr ich fort, als Matthew verschwunden war.

"Lass` das alles mal meine Sorge sein", sagte Mark und drehte sich um. Zu meiner Überraschung ging er jedoch nicht zu Johanna, sondern verschwand im Haus.

 

Also so würde das wohl nie was werden, dachte ich seufzend. Ich schwankte kurz zwischen dem Drang, mich hier wieder ins Getümmel zu stürzen und dem instinktiven Gefühl, Mark hinterher zu gehen, als ich mich für Letzteres entschied. Die Party würde sicher noch eine Weile dauern, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass mir Mark irgendetwas verschwieg.

Im Haus dann konnte ich kaum meinen Augen trauen. Wie geschockt blieb ich stehen, als ich Susi und Rita bei einem innigen Kuss erwischte.

 

Völlig durcheinander drehte ich mich um und stürmte hinaus. Das konnte doch nicht sein, oder? Ich hatte mit den beiden eine Nacht zusammen verbracht! Und ich hatte doch erst zwei Sekt intus, besoffen war ich also bei Weitem nicht.

Draußen lief ich dann fast Johanna in die Arme. Ohne Mark. Natürlich. Ich seufzte innerlich auf und nahm mir vor, noch einmal ganz in Ruhe mit ihm zu reden. Es war ja nicht so, dass er noch nie eine Freundin gehabt hätte, aber bei Johanna stellte er sich an, als wüsste er nicht einmal, wie man "Frau" schreibt. Ob es etwas Ernstes für ihn war und er deshalb seinen Mund nicht aufbekam?

 

"Hey, Johanna!", sagte ich zu ihr und wunderte mich kurz, was sie hier so allein machte.

"Hey, Lucas", anwortete sie.

"Keine Lust mehr auf die Party?", fragte ich belanglos.

"Doch, natürlich. Ich brauche nur eine kleine Pause", antwortete sie.

"Ahja", sagte ich. Was sollte ich jetzt weiter mit ihr reden? Sollte ich ihr mal auf den Zahn fühlen, was sie so von Mark hielt? Blöde Idee. Das hatte man vielleicht mit 15 gemacht, aber jetzt waren wir aus dem Alter ja wohl raus.

Doch Johanna nahm mir die Frage nach dem nächsten Gesprächsthema ab.

"Mark hat mir erzählt, dass du das Haus von seinen Eltern abgekauft hast", sagte sie und sah an den frisch gestrichenen Wänden hoch. Na, wenigstens hatte er mal irgend etwas mit ihr gesprochen! 

"Ja, das stimmt. Da war es aber noch ein kleines bißchen kleiner", lächelte ich.

"Du hast es ausbauen lassen?", fragte sie und sah wieder an den Mauern hoch.

"Allerdings. Es war winzig, nur ein Zimmer und ein Mini-Bad", antwortete ich.

"Welcher Architekt hat die Pläne dafür gemacht?", wollte sie plötzlich wissen. Okaaay. Dort hinten, auf unserer neuen Terrasse, lief meine Party, da wollte ich eigentlich nicht über diesen Umbau hier reden.

Sie bemerkte mein Zögern sofort und lachte plötzlich.

"Sorry wegen meiner Neugier. Aber ich studiere Architektur und bin da wohl ein wenig... gestört. Es gibt praktisch kein Haus, an dem ich vorbeigehe, und das nicht von mir gemustert wird"

"Echt? Du studierst Architektur?", fragte ich sie.

"Ja", antwortete sie.

"Das finde ich toll!", sagte ich ehrlich. Ich kannte sonst keinen Architekten, fand das Berufsbild aber recht interessant. Nur leider war jetzt wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, darüber zu quatschen. Und da hatte ich eine Idee: Ich könnte sie ja jetzt einfach einladen, einmal zu mir zu kommen, um über ihren Beruf zu reden. Und gaaanz zufällig lud ich an dem Tag auch Mark ein. Ich würde dann in der Küche verschwinden, um dort irgendetwas vorzubereiten, Essen oder so. Dann würden die beiden ja wohl ins Gespräch kommen. Na, wenn das dann nicht funktionerte, wusste ich auch nicht!

"Du, pass` auf: Ich sollte wirklich zurück zu meinen Gästen, aber mich würde das mit deinem Studium interessieren. Vielleicht hast du mal Lust, zu mir zu kommen und mir ein wenig davon zu erzählen?", fragte ich sie und sah sie mit einem bittenden Blick an.

Diesmal sah sie mich kurz wortlos an, bevor sie leise antwortete:

"Warum nicht. Können wir machen"

"Schön! Ich habe ja deine Nummer, dann können wir ja einmal etwas ausmachen!", sagte ich und betete innerlich, dass das jetzt nicht zu anmachend war. Schließlich wollte ich die Gute verkuppeln und nicht mit ihr flirten. "Dann gehe ich mal wieder zurück. Wenn du was brauchst, sagst du es mir bitte, ja?", fügte ich noch ganz guter Gastgeber hinzu. Wie wäre es zum Beispiel mit Mark Jones? Supernetter Kerl, total in dich verschossen und loyal ohne Ende. Ich seufzte. Und total feige.

 

Ich ging zurück zur Party und feierte wieder. Und erst um 3.00 Uhr verabschiedete ich die letzen Gäste.

Ganz grob räumten Marlene, Mark und ich dann noch auf, weil es angefangen hatte zu regnen. Wir waren alle platt ohne Ende, deshalb war ich den beiden wirklich sehr dankbar, dass sie ohne zu Murren noch halfen.

 

Hätte ich gewusst, was kommen würde, hätte ich sie einfach ins Bett geschickt und den Partydreck liebend gern allein am nächsten Tag aufgeräumt. Aber so nahm das Unheil seinen Lauf...

Mark ging mit dem Müllbeutel herum und schmiss alles rein, was da hinein gehörte.

„So eine Terrasse ist schon was Feines“, sagte er dann, während ich die Gläser auf ein Tablett stellte und Marlene die Dekosachen in einem Karton verstaute. „Sowas muss ich mir auch mal bauen lassen. Nur leider fehlt mir im Moment das Geld dazu“

„Wir haben auch lange überlegt, ob wir das noch anbauen lassen sollen oder nicht. Aber als wir zusammengelegt haben, hat es dann doch noch gereicht“, sagte Marlene arglos. Mich durchfuhr ein gehöriger Schreck, und automatisch hörte ich auf, die Gläser zusammenzustellen. Ich sah Mark an.

 

Und er sah mich an.

Nach vielen Sekunden, die mir wie eine Ewigkeit vorgekommen waren, sagte er:

„Marlene, du hast diesen Umbau hier mitbekommen?“. Nun hörte auch Marlene auf, die Deko einzusammeln und sah von mir zu Mark dann wieder zurück. Ich warf schnell ein:

„Ja, hat sie. Was sollen wir morgen Abend machen? Sollen wir auf das Straßenfest in Bath gehen oder in den Biergarten?“. Ich wollte ihn ablenken, doch es war eigentlich klar, dass das im Moment nichts brachte. Mark war schließlich nicht blöd. Er wandte sich an Marlene:

„Wie lange wohnst du eigentlich schon hier?“.

Ich schluckte hart und verspürte den Drang, wegzulaufen. Denn ich wusste natürlich, dass sich hier gleich die Hölle auftun würde. Marlene allerdings, die davon nichts wusste, antwortete sorglos:

„Fast genau ein halbes Jahr“. Mark stierte mich an.

„Fast genau ein halbes Jahr?!“, schoss er mir entgegen.

„Ja“, sagte Marlene wieder. „Es war Anfang Dezember, der erste Schnee ist gefallen und meine Heizung funktionierte mal wieder nicht. Da habe ich Lucas gefragt, ob ich hier unterschlüpfen könnte, und er war so nett und war damit einverstanden“. Scheiße! Leugnen war wohl zwecklos, deshalb entschloss ich mich, den Angriff nach vorne zu tätigen.

„Mark, sie war in einer Notsituation! Was hätte ich machen sollen?“, sagte ich.

„Gibt es ein Problem deswegen?“, fragte Marlene, doch weder Mark noch ich beachteten sie weiter.

„Du hättest ihr ja mal sagen können, dass du eine Wette am Laufen hattest und hier alleine leben musstest!“, spie mir Mark entgegen. „Und ich Trottel helfe dir auch noch, den Müll hier einzusammeln von der Party, die du sowas von nicht verdient hattest!“. 

Er schmiss wutenbrannt den Beutel auf den Boden und kam die letzten Schritte auf mich zu.

„Feiner Freund“, sagte er dann. „Da lässt du mich diese Party zahlen, obwohl du genau gewusst hast, dass du die Wette verloren hattest! Lässt hier eine Frau einziehen, um den Haushalt nicht schmeißen zu müssen! Echt clever! Das ich dir nicht mehr vertrauen kann, ist ja klar“. Damit drehte er sich um und ging.

„Lucas, von was für einer Wette spricht Mark? Und wieso ist er sauer, weil ich eingezogen bin? Gibt es da etwas, was ich wissen sollte?“, fragte Marlene.

„Später. Ich erkläre es dir noch“, sagte ich gedankenlos und ging Mark hinterher, doch Marlene folgte mir.

„Mark! Warte!“, sagte ich und rannte, damit ich ihn einholen konnte. Er blieb nicht stehen, doch ich holte ihn schon bald ein. „Ich habe Marlene nicht einziehen lassen, damit sie mir im Haushalt hilft!“, sagte ich verzweifelt.

„Ich kann dir nichts mehr glauben, Blödmann!“, sagte Mark und stiefelte weiter.

„Doch, das kannst du mir glauben! Und ich hätte es auch ohne sie geschafft!“. Nun blieb er endlich stehen.

„Versuche es erst gar nicht! Ich habe die Schnauze voll! Alle anderen sind dir egal, nur du bist dir wichtig! Unter Freundschaft verstehe ich aber was anderes!“

„Jetzt fängst du auch noch mit dem Gelaber an! Vor ein paar Wochen noch Marlene, jetzt du! Ihr seid mir nicht egal und das wisst ihr auch!“

„Nein, mein Lieber! Das weiß ich nicht! Nicht, wenn du solche Aktionen bringst!“

„Ich bezahle die Party, okay? Sag` mir, wieviel du für das Essen und die Getränke ausgegeben hast, und ich gebe dir das Geld zurück! Ich habe die Bedingung nicht erfüllt, und...“

„Um das geht es nicht!“, unterbrach mich Mark. „Ich kann dir nicht mehr Vertrauen. Das ist der springende Punkt!“

„Doch, das kannst du! Ich werde das nicht mehr machen, versprochen! Das nächste Mal breche ich die Wette ab und sage dir auch, warum. Ich habe...“, ich stockte noch kurz, bevor ich weiter sprach: „ich habe einen Fehler gemacht. Es tut mir leid“. Doch Mark schüttelte nur den Kopf.

„Lass` mich in Ruhe", sagte er noch, bevor er ging.

"Lucas?", vernahm ich nun Marlenes Stimme. Nein, bitte jetzt nicht auch noch diese Diskussion. Ich war fertig mit der Welt.

"Ich bin... zu müde, um lange zu reden. Ich habe vielleicht nicht alles richtig verstanden und würde das morgen früh mit dir besprechen". Morgen früh also die nächste Katastrophe. Na gut. Wenn schon Weltuntergang, dann richtig.

 

"Jap", sagte ich flapsig. "Schlafen wir erst einmal eine Runde". Wobei ich nicht wirklich viel schlief. Ich dachte ständig an Mark und daran, dass ich das wieder regeln musste. Egal wie.

Am nächsten Morgen ging ich mit einem unguten Gefühl zum Frühstück. Marlene war schon auf und hatte das Frühstück gemacht. Ich linste, ob sie nur etwas für sich selbst gemacht hatte oder auch für mich. Nach den Informationen, die sie heute Nacht noch bekommen hatte, hätte ich mir durchaus vorstellen können, dass sie mich nicht bedachte.

 

Aber sie hatte einen ganzen Teller voller Omeletts gemacht, und das war wohl nicht alles allein für sie.

 

Ich atmete auf. Vielleicht war sie gar nicht so sauer?

Ich setzte mich zu ihr an den Tisch. Zuerst stocherten wir noch wortlos in unseren Tellern herum, doch irgendwann begann sie:

"Du wolltest mir noch was erzählen". Von wollen konnte zwar keine Rede sein, aber ich würde es ihr jetzt sagen. Ganz einfach. Ich räusperte mich.

"Du hast das meiste ja schon gehört", begann ich. Oh, was war ich doch feige.

"Dann stimmt es also, dass du wegen einer Wette hättest alleine leben müssen? Und hast mich trotzdem bei dir aufgenommen?"

"Ja", stimmte ich zu. Sie hatte es gehört und lügen würde ich jetzt sicher nicht mehr.

"Abgesehen davon, dass es natürlich nicht ging, da Mark zu hintergehen und dafür jetzt auch noch die Party zu bekommen...", sagte sie, doch ich unterbrach sie:

"Das weiß ich und ich habe mich entschuldigt!"

"Es hat nicht so ausgesehen, als würde er dir so schnell verzeihen", meinte sie. Ja, das war mir auch schon aufgefallen. Sowas aber auch. Verdammt. Wir saßen kurz still voreinander, als Marlene wieder begann:

"Also abgesehen davon...", sie stockte kurz. "Also, ich bin dir dann doch nicht so ganz egal, oder?"

Ich hob langsam meinen Blick und sah sie an. Hatte sie mich das gerade tatsächlich gefragt? Wie oft hatten wir das jetzt schon besprochen? Sie hatte ihren Blick stur auf ihren Teller gerichtet.

"Marlene", begann ich und musste aufpassen, nicht aufzuseufzen. "Du weißt, dass du mir nicht egal bist. Als platonische Freundin. Aber..."

"Schon gut. Schon verstanden", sagte sie schnell.

Wieder schwiegen wir uns an. Ich hätte gerne gewusst, was sie jetzt dachte.

"Ich gehe ein bißchen malen", sagte sie dann und stand auf.

 

Diese Situation wurde irgendwie immer verzwickter. Immer, wenn ich dachte, dass sie mich nur noch als Freund sah, kam sie wieder mit irgendetwas um die Ecke dass das Gegenteil bewies. Es war zum Haare raufen.

 

 

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