Equilibrium

oder: Brüderlichkeiten

Ich war wieder da! Lucas Schiller war zurück! Endlich!

 

Meine gestrige Errungenschaft Babsi war mit mir in ihrem Auto entschwunden, wo sie mit mir in ein Waldstück gefahren war, dass nicht weit von Two Lake entfernt lag. Und obwohl ich mir wirklich schönere Orte als ein Auto vorstellen konnte, war mir das in dem Moment so unwichtig gewesen. Das mir jetzt die Schulter weh tat, die irgendwo ungeschickt gelegen hatte, war egal. Jetzt eine warme Dusche und dann ins Bett. Die Telefonnummer von Babsi hatte ich auch, das konnte also auch mal wiederholt werden. Aber dann hoffentlich nicht in einem Auto.

Ich kam erst gegen 8.00 Uhr ziemlich übernächtigt nach Hause. So eine Kondition hatte ich noch nie gehabt, was sicher an dem Sport lag, den ich in den letzten Tagen gemacht hatte. Ich grinste immer noch, als ich unser Haus betrat. 

 

Marlene saß im Wohnzimmer und sah auf, als ich zur Tür hereinkam.

"Lucas, können wir reden?", fragte sie sofort. Ich seufzte auf. Ein Königreich für eine warme Dusche und ein weiches Bett zum Schlafen! Da sie gestern aber sofort einverstanden gewesen war, alleine nach Hause zu gehen, riss ich mich nochmal zusammen und fragte sie:

"Was ist los?". Meine Stimme hörte sich ganz schön müde an.

"Du...ich", begann sie zu stottern. Oh, bitte Marlene! Ich musste ins Bett!

"Ja?", half ich ihr auf die Sprünge. Ich merkte, wie meine Kräfte schwanden. Sie sah kurz zur Seite, bevor sie dann sagte:

"Lucas, ich kann das nicht".

"Was kannst du nicht?", wollte ich wissen.

"Dich so zu sehen". Also, jetzt war das Fragezeichen über meinem Kopf noch größer geworden.

"Wie? Mich so", ich sah kurz an mir herunter, "zu sehen? Wieso denn? Ist der Anzug nicht in Ordnung?". Sie seufzte auf und schüttelte den Kopf.

"Das meinte ich nicht. Ich meinte, dass ich dich bitten möchte, vor meinen Augen nicht mit anderen Frauen... du weißt schon". Jetzt verstand ich endlich! Sie hatte mich natürlich mit Babsi gesehen.

"Das ist jetzt nicht dein ernst, oder?", fragte ich und versuchte, meine Müdigkeit noch im Griff zu halten.

"Doch, das ist es. Du musst wissen, dass ich immer noch in dich ver...". Ich unterbrach sie schnell.

"Sag es nicht!". Und wirklich, sie verstummte. Nun war ich es, der tief ausatmete. Verflixt noch mal! Hätte dieses Gespräch nicht warten können? Und was hieß das überhaupt: Sie konnte mich so nicht sehen? Ja, sollte ich jetzt etwa, weil sie mit mir zusammen wohnte, auf alles verzichten? Wollte sie mir tatsächlich verbieten, in meine eigenen vier Wände eine Frau mitzubringen? Sie vergaß anscheinend, dass ich hier ebenso zu Hause war wie sie. Marlene sah wieder verstört an mir vorbei.

"Aber ich kann das nicht ertragen! Und da wir zusammen leben, könntest du da ruhig Rücksicht auf mich nehmen!"

"Aber du kannst mir doch nicht verbieten, mich mit Frauen zu treffen! Ich werde sicher auch mal die eine oder andere hierherbringen. Was willst du dagegen machen?"

"Nichts. Aber du wirst dich ja wenigstens an den Abenden, die wir zusammen aus gehen, zusammenreißen können! Es ist ja nicht so, dass wir viermal die Woche irgendwo gemeinsam herumhängen!". Nun war auch sie lauter geworden.

"Aha. Und nur, weil du es nicht sehen kannst, oder wie?", fragte ich.

"Reicht das nicht als Grund?", fragte sie zurück. Meine Schläfen begannen so langsam zu pochen, ich konnte mich kaum mehr konzentrieren, da war dieses Gespräch wirklich zuviel für mich.

"Marlene, könnten wir dieses Gespräch verschieben? Ich kann mich kaum noch auf den Füßen halten!", bat ich sie, doch sie funkelte mich an.

"Klar! Die Nacht war sicher kurz, oder? Die liebe Marlene wird geduldig warten, bis der Herr ausgeschlafen hat".

"Jetzt sei doch nicht so! Wir reden nachher weiter, versprochen. Aber jetzt brauche ich echt noch zwei, drei Stunden Schlaf". Da sie nichts mehr sagte, ging ich dann auch endlich unter die Dusche.

Das warme Wasser tat mir gut, und ich grübelte über Marlenes Worte nach. Ich wusste wirklich nicht, wie sie sich das vorstellte. Mal angenommen, ich war gerade irgendwo dabei, mit einer Frau zu flirten, und ganz zufällig kam dann auch Marlene dazu - sollte ich die Frau dann von mir wegdrücken und so tun, als sei nichts gewesen? Das war doch albern! Konnte ich was dafür, dass sie offenbar noch in mich verliebt war? Herrje, wieso das eigentlich? Sie hätte es fast gesagt! Dabei habe ich ihr meinen Standpunkt so klar wie es nur ging gemacht.

 

Es funktionierte wohl doch nicht, dass ein Mann und eine Frau einfach zusammenlebten. Ohne irgendwelche Hintergedanken. Und schon gar nicht, wenn diese beiden schon miteinander geschlafen hatten.

Der Sex mit ihr war gut gewesen, keine Frage. Sie war sehr hingebungsvoll. Nur leider hatte sie da mehr Gefühl als ich investiert. Ich mochte sie, immer noch, aber ich liebte sie einfach nicht.

 

Ich hatte noch nie zu einem Mädchen oder einer Frau "Ich liebe dich" gesagt. Noch nie.

 

Zu endgültig war dieser Satz. Man investierte zu viel. Viel zu viel Gefühl. Man konnte daran kaputt gehen. Man konnte daran zerbrechen.

 

Ich hatte das schon gesehen...

 

Schnell verdrängte ich diesen Gedanken und machte, dass ich ins Bett kam.

Als ich etwa 2 1/2 Stunden später wieder aufstand, fand ich ein leeres Haus vor. Ich suchte Marlene überall, auch im Garten, doch sie war nicht da.

 

Toll! Geduldig auf dich warten! Das hatte sie gesagt! Und jetzt war sie doch einfach verschwunden.

 

Also, wenn Marlene nicht wartete, brauchte ich das ja wohl auch nicht.

Also ging ich schnurstracks in die Stadt. Sonntags hatte da ein kleiner Kiosk auf, in dem man Zeitungen kaufen, aber auch was trinken oder Kleinigkeiten essen konnte. Da auch eine Dartscheibe dort hing und man Flipper spielen konnte, war das immer ein recht beliebter Treffpunkt.

 

Gerade, als ich den Kiosk betreten wollte, kam mir Gerda entgegen.

"Hallo, Lucas! Schön, dich zu sehen!", sagte sie leicht schüchtern wie immer. Manchmal hatte ich schon fast Schwierigkeiten, ihre zarte Stimme zu verstehen.

"Hallo!", grüßte ich sie zurück. Und fragte mich zum ersten Mal, weshalb sie so oft alleine unterwegs war. Die Frau hatte doch Kinder und einen Mann und hatte an einem Sonntag nachmittag nichts besseres zu tun, als hier vor dem Kiosk herumzuhängen? Wir setzten uns auf die Bank, die vor dem Kiosk stand.

"Wie geht es dir?", fragte sie und ihre Stimme hörte sich seltsam belegt an. Sie starrte ins Leere und ich hatte einmal mehr das Gefühl, dass mit ihr etwas nicht stimmte.

"Mir geht es gut", antwortete ich. Auch wenn das nicht so ganz stimmte. "Aber wie geht es dir, Gerda? Du scheinst sehr... bedrückt zu sein". Ich wartete gespannt, was sie dazu zu sagen hatte. Oder war ich einfach zu neugierig? Eigentlich kannten wir uns ja nicht gut genug, um hier so Privates zu besprechen. Aber irgendwie wollte ich doch wissen, welches Geheimnis diese Frau umgab.

 

Gerda sagte lange nichts und ich fühlte mich peinlich berührt, weil ich diesen Vorstoss gewagt hatte. Doch plötzlich begann sie zu reden. Ganz leise, so dass ich sie nun wirklich kaum verstand.

"Lucas, das, was ich dir jetzt erzähle, muss unter uns bleiben, ja? Ich möchte nicht Stadtgespräch werden, vor allem wegen meiner vier Kinder". Hatte sie vier gesagt? VIER Kinder? Dafür hatte sie aber echt noch eine gute Figur! Aber halt, ich musste ja erstmal ein Versprechen geben.

"Keine Sorge, ich erzähle nichts", sagte ich nur und wartete, was sie zu sagen hatte. Gerda atmete tief ein und aus.

"Womöglich werde ich es nachher bereuen, überhaupt etwas gesagt zu haben. Aber ich kann mit niemandem darüber reden und es ist zu verlockend, sich endlich mal alles von der Seele reden zu können...". Sie machte eine Pause und ich war nun doch gespannt, was sie sagen würde. Ob sie nochmal überlegte, was sie sagen konnte?

"Wie du ja vielleicht schon ahnst, plagen mich und meine Familie große Geldsorgen. Es ist so, dass mein Albert vor einem Jahr seine Arbeit verloren hat. Er wurde wegrationalisiert, wie das bei vielen Firmen zur Zeit der Fall ist. Anfangs waren wir noch zuversichtlich, dass er schnell wieder etwas finden würde, aber inzwischen macht sich Hoffnungslosigkeit durch und durch breit. Er kommt sich nutzlos und wertlos vor. Außerdem fehlt natürlich sein Einkommen kolossal. An manchen Tagen kann ich nur eine einfache Brühe kochen, dazu ein paar Scheiben Brot reichen, weil das Geld so knapp ist. Die Mahnungen stapeln sich, der Gerichtsvollzieher war auch schon bei uns. Albert wurde depressiv und schafft es an manchen Tagen nicht einmal aus dem Bett. Er hat sich so verändert. Auch den Kindern gegenüber. Auf mir liegt nun die ganze Verantwortung und ich merke, wie mir langsam die Kraft ausgeht. Die kleinen Spaziergänge, die ich hin und wieder unternehme, nutze ich, um neue Kraft zu tanken". Sie hielt erschöpft inne und ich sah die Tränen in ihren Augen glitzern.

 

Das war hart. Ich kannte diese Probleme alle nicht, meine Mutter und ich waren finanziell gesehen immer ordentlich über die Runden gekommen, wenn wir auch nie große Sprünge hatten machen können. Aber das, was mir Gerda gerade erzählt hatte, war ein Alptraum.

"Gerda, das tut mir sehr leid", sagte ich dann. Auch wenn ich mir nicht einmal annähernd vorstellen konnte, wie es war, in so einer Situation zu stecken. 

"Es tat gut, mir das alles mal von der Seele zu reden"

"Das glaube ich. Was ist dein Mann denn von Beruf? Vielleicht kann ich mich mal umhören". Sie lächelte.

"Ich glaube kaum, dass es was für ihn gibt. Aber er ist Koch"

"Wenn ich was höre, sage ich dir Bescheid"

"Du bist noch jung und voller Hoffnung", sagte sie daraufhin seufzend. "Ich gönne es dir von Herzen. Mach` was draus!". Hm. Was daraus machen? Wie meinte sie das? Es ging mir doch jetzt schon ganz gut, oder?

"Ja... ähm, das werde ich", stotterte ich aber brav.

"Verzeihung, dass ich dir die Ohren vollgejammert habe", entschuldigte sie sich plötzlich.

"Aber nein", meinte ich, "du musst dich nicht entschuldigen. Kannst du nicht wieder arbeiten gehen? Dann würdest du auch mal etwas anderes zu sehen bekommen"

Gerda bekam kurz einen sehnsüchtigen Blick, der sofort wieder verschwand.

"Ich bin eine gelernte Fotografin. Ich habe das mit Leidenschaft gemacht. Aber nach der Geburt unseres ersten Kindes bin ich zu Hause geblieben, so wie sich das gehört". Naja, darüber konnte man jetzt streiten, fand ich. Aber sie war da wohl eher konservativ.

"Eine Fotografin? Warum gehst du nicht wieder ein paar Stunden arbeiten? Das würde eurem Geldbeutel doch sicher gut tun!".

"Ich kann die Kinder nicht allein lassen. Albert kann sich im Moment nicht um sie kümmern, soviel steht fest. Ich könnte da nicht mit einem guten Gefühl arbeiten gehen. Gut, drei meiner Kinder sind vormittags in der Schule und die kleine kommt bald in den Kindergarten. Aber mein Mann? Ich habe Angst, dass er weiter abrutscht, wenn ich nicht aufpasse". Das sah ich ein. Es war ein Teufelskreis. 

"Weißt du, ich verstehe deine Angst. Aber ihr könntet das Geld gut gebrauchen"

"Aber ich bin auch schon so viele Jahre aus meinem Beruf draußen! Ich kenne mich mit den neuen Techniken nicht mehr aus", winkte sie ab.

"Aber du hast die Energie, das zu lernen", sagte ich und hätte fast noch gesagt: Im Gegensatz zu deinem Mann. Aber das verkniff ich mir dann doch.

"Ich weiß nicht...", sagte sie und stand auf. "Ich sollte jetzt nach Hause gehen. Ich bin schon viel zu lange weg". Ich erhob mich ebenfalls.

"Mache es gut, Gerda!", sagte ich und kam mir irgendwie blöd vor. Das waren Probleme, bei denen ich keine Tipps geben konnte. Doch plötzlich umarmte sie mich.

"Danke für alles", hauchte sie an meinem Ohr.

"Ähm... für was denn?", fragte ich.

"Für`s zuhören", meinte sie, bevor sie dann ging.

Ich ging dann noch in den Kiosk hinein und holte mir die neueste Ausgabe der "Motorwelt". Wenn ich mir schon kein Auto leisten konnte, so konnte ich mir wenigstens Bilder davon anschauen und auf dem Laufenden bleiben.

Bevor ich nach Hause ging, gönnte ich mir noch einen fetten Burger und ließ meinen Blick gewohnt über die weibliche Kundschaft hier gleiten. Da mich die Auswahl heute allerdings nicht vom Hocker haute, ging ich dann nach Hause.

Zuhause angekommen sah ich, dass Marlene wieder da war. Neben ihr auf dem Sofa ihre Freundin Brandi. Und Marlene schaute sofort wie sieben Tage Regenwetter, als sie mich sah. Super!

Marlene stand dann auf und ging ins Bad, bevor ich irgendetwas hätte sagen können. Das wurde ja immer besser. Auf der anderen Seite konnten wir ja sowieso nicht vernünftig reden, wenn Brandi da war. Was sollte das eigentlich? Brauchte Marlene jetzt schon Unterstützung, oder was? Ich hatte bisher eher weniger Kontakt zu Brandi gehabt, weil sie sich mir gegenüber immer recht reserviert verhalten hatte. Aber jetzt quatschte ich sie einfach mal an.

"Na, Brandi? Bist du die seelische Unterstützung für Marlene?". Ich war mir sicher, dass sie im Bilde war. Frauen besprachen ja immer alles mit ihren Busenfreundinnen.

"Ich wüsste nicht, was dich das angeht!", sagte sie von oben herab.

"Da ich mit Marlene zusammen lebe, geht mich das alles sehr wohl was an!", sagte ich bestimmt.

"Achja? Wenn man mit jemandem zusammen lebt, muss man auch Rücksicht nehmen!", sagte Brandi. Ha! Ich wusste es! Die hatten über mich gesprochen! Meine Güte, ich war doch auch nicht gleich zu Mark gerannt und hatte mich ausgeheult!

"Genau! Rücksicht! Auch sie muss auf mich Rücksicht nehmen!", sagte ich dann.

"Oh, du armer, armer Mensch!", sagte Brandi sarkastisch. "Jetzt muss ich doch gleich mal mitweinen, wenn der tolle Lucas nicht immer und überall knutschen darf!". So ein Biest!

 

Ich musste zugeben, dass mich das anmachte. Mein Jagdinstinkt wurde sofort geweckt und ich wollte mir beweisen, dass ich auch eine Frau erobern konnte, wenn sie nicht sofort auf mich flog.

"Weißt du, Brandi...", sagte ich dann und lächelte sie an, "ich übe mich darin, Rücksicht zu nehmen. Wirklich! Wenn dann allerdings so eine Frau wie du vor mir steht, fällt mir das außerordentlich schwer!". Mal sehen, was sie dazu sagte.

"Und diesen Spruch kann ich sicher im Buch >Die 1000 besten Anmachsprüche von Lucas Schiller< nachlesen, oder?", sagte sie und bewegte keinen Muskel in ihrem Gesicht. Okay, Jäger, jetzt zeige mal, was du drauf hast!

"Oh, du irrst dich! Eigentlich bin ich eher zurückhaltend und warte ab, was mein Gegenüber so tut!". Eyeyey. Meine rote-Nase-Zeit hatte ich ja hoffentlich hinter mir gelassen, sonst hätte meine jetzt geleuchtet wie die Schlussleuchte eines Ferrari FF. Und gut, dass ich nicht Pinocchio war. Armer Kerl übrigens.

"Da hat mir Marlene aber anderes erzählt!", sagte Brandi und ein leichtes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Lachte sie mich aus? Nein, bestimmt an. Ich lächelte zurück.

"Ich habe keine Ahnung, was dir Marlene erzählt hat, aber traust du mir eine billige Anmache zu?". Daraufhin sagte sie nichts, und ich machte einen weiteren Vorstoss: "Wenn du Lust hast, kannst du dich ja mal selbst davon überzeugen. Lass` uns was trinken gehen, dann wirst du sehen, wie harmlos ich wirklich bin". Ich rechnete fest mit einer Zusage ihrerseits, als ich Marlenes wütende Stimme hörte:

"Lucas! Wie kannst du nur!"

Erschrocken drehte ich mich um und wäre fast gestürzt. Ich sah Marlene an und stellte fest, dass sie geweint hatte. War sie deshalb so lange im Bad gewesen? Ihre Tränen waren zwar getrocknet, aber ihre Augen immer noch leicht rot.

"Echt, Lucas! Mit was für einem Typen wohne ich denn unter einem Dach? Mit meiner Freundin! In unserem Haus! Nachdem ich dich heute morgen noch um etwas gebeten habe!". Jetzt aber mal langsam!

"Mach` mal halblang!", sagte ich und versuchte, ihre roten Augen zu ignorieren. "Auch ich wohne hier, und ich habe Brandi doch nur vorgeschlagen, etwas trinken zu gehen! Ist das verboten?"

"Pah!", machte Marlene. "Als ob du nur an einen netten Abend in der Kneipe gedacht hast!", sagte sie verächtlich. Nun wurde ich wirklich sauer. So ging das ja nicht!

"Also, ich bin dir keine Rechschaft schuldig! Ich kann immer noch machen, was ich will, klar?", sagte ich zu ihr.

"Natürlich!", spie sie aus. "Meine Gefühle sind dir völlig egal! Trample nur weiter darauf herum!".

"Jetzt spinn` hier nicht rum!", sagte ich gereizt. Das ging echt zu weit!

"Jetzt spinne ich also auch noch!", fauchte sie.

"Oh, streitet euch doch nicht!", mischte sich nun Brandi ein. "Marlene, wenn du nicht willst, gehe ich nichts mit Lucas trinken". Überrascht horchte ich auf. Sie wäre mitgegangen? Ich hatte es schon soweit geschafft, dass der Eisklotz zu einem Date bereit gewesen wäre! Schade, dass ich mich gerade nicht so wirklich darüber freuen konnte.

Marlene wandte sich Brandi zu.

"Ich rufe dich an! Und danke! Du weißt, wofür!".

"Kein Problem!", sagte Brandi, "Melde dich bald, ja?". Damit ging dann Brandi hinaus, ohne mich noch eines Blickes zu würdigen. Als Brandi draußen war, dachte ich eigentlich, dass Marlene und ich das endlich klären konnten, doch sie sah mich nicht einmal an, sondern drehte sich herum und ging ebenfalls hinaus.

 

Okay, dann eben nicht. Ich hatte wirklich keine Lust, hier zu warten, bis sich die Dame dazu herab ließ, mit mir zu reden. Ich war jetzt richtig sauer auf Marlene. Mir diese ständigen Vorwürfe zu machen, und dann keinen Bedarf zur Klärung sehen. Super! Aber eines war klar: Sie konnte mir nicht verbieten, mich mit Frauen zu treffen. Wir waren kein Paar, jeder hier konnte machen, was er wollte. Wenn ich dann eben mal Frauenbesuch hatte, musste sie sich eben in einem anderen Zimmer aufhalten, wenn sie das nicht sehen konnte. Ich würde ja auch nichts sagen, wenn sie mit einem anderen Mann ankäme. Wir waren nur eine WG. Leider mit einem gemeinsamen Schlafzimmer, aber das würde sich hoffentlich auch mal ändern.

 

Aber ich würde jetzt nicht hier sitzen und Däumchen drehen, soviel stand fest. Also klemmte ich mich an mein Handy. Es gab da jemanden, der sich sicher gern mit mir treffen würde.

Wir hatten 16.00 Uhr als Zeitpunkt ausgemacht, und so hatte ich tatsächlich noch ein wenig Zeit, mich mit Yoga ein wenig zu beruhigen.

 

Nach dem Yoga hüpfte ich unter die Dusche, um frisch zu meinem Date gehen zu können.

Achja, Geraldine. Sie war völlig unkompliziert. Fragte nicht viel, freute sich einfach, Zeit mit mir verbringen zu dürfen... eine Wohltat nach der ganzen Scheiße zu Hause.

 

Wir hatten uns den Stadtpark als Treffpunkt ausgesucht, und sie war mir sofort um den Hals gefallen.

"Ich habe dich wahnsinnig vermisst, Lucas!", säuselte sie nach unserem Begrüßungskuss.

"Ich dich auch", sagte ich automatisch.

"Schön, dass du angerufen hast. Was sollen wir jetzt machen?", fragte sie. Sollte ich sagen: Einfach ein bißchen quatschen? Gott, das kam mir einfach nicht über die Lippen.

"Uns wird schon etwas einfallen", sagte ich dann anzüglich grinsend.

Doch dann begann es urplötzlich zu schütten, und wir waren innerhalb kürzester Zeit völlig durchnässt.

"Komm`, wir gehen rüber zum Kiosk!", sagte ich zu Geraldine und war dankbar, dass der Kiosk neben dem Park lag.

Dort verzogen wir uns in eine ruhige Ecke und knutschten wild herum. Wir waren immer noch sehr nass, und eigentlich hätte ich ja jetzt vorgeschlagen, dass wir uns lieber der Klamotten entledigen sollten. Zu ihr konnten wir aber nicht, weil da ihre Eltern waren. Und zu mir gingen wir besser auch nicht. Womöglich war Marlene schon wieder zurückgekehrt, und das wäre dann heute wirklich sehr ungünstig gewesen, wenn sie mich mit Geraldine gesehen hätte.

 

Und da sagte noch einmal einer, dass ich keine Rücksicht nahm! 

Wir spielten dann noch ganz harmlos mit einem Typen namens Joe Darts. Nachdem ich zu Hause ja selbst so eine Scheibe hängen hatte, war ich da immerhin schon ein wenig geübter geworden.

 

Geraldine verabschiedete sich irgendwann, weil sie noch zu einem Geburtstag musste, ich spielte noch ein wenig mit Joe weiter.

Als auch ich dann gehen wollte, lief mir Brandi über den Weg.

 

"Brandi, was machst du denn hier?", fragte ich leicht verblüfft. Ich hatte eher angenommen, dass sich Marlene bei Brandi ausheulte und über mich schimpfte.

"Ach, ich habe nur einen kleinen Spaziergang gemacht. Ich brauchte einen freien Kopf, sonst nichts", antwortete sie.

"Ich dachte, Marlene ist vielleicht bei dir"

"Das war sie auch. Aber nicht lange. Sie hat gemeint, dass ich ja wohl nicht wirklich mit dir was trinken gegangen wäre, schon aus Rücksicht auf sie". Sie machte eine Pause, obwohl ich sehr gespannt war, was sie dann zu Marlene gesagt hatte. Als sie jedoch nicht weiter sprach, fragte ich:

"Und? Was hast du daraufhin gesagt?"

"Ich habe gesagt, dass ich nicht vorhabe, mit dir was trinken zu gehen". Hm. Alles klar.

"Wir könnten auch was essen", sagte ich dann, und da lachte Brandi los.

"Verdammt, Lucas!", sagte sie prustend, "Du bist echt gut!"

"Achja? Warum denn das?"

"Weil du mich zum Lachen bringst!", antwortete sie. Interessant. Der Eisklotz war eigentlich humorvoll? Also, das wurde mal abgespeichert.

Ich nahm sie in den Arm.

"Dann beantworte meine Frage von heute mittag: Traust du mir nun billige Anmachen zu oder nicht?". Ich sah sie schlucken, und das war nun wirklich ein gutes Zeichen. Ich brachte sie wohl durcheinander. Gut so! Der Jäger war dabei, seine Beute anzupeilen.

"Ich... lass` mich los, Lucas! Wenn Marlene das erfährt, sind wir beide tot!"

"Und warum sollte sie das erfahren?", fragte ich nur zurück und begann, leicht über Brandis Rücken zu streicheln. Anpeilen war erfolgreich, jetzt musste der Zeitpunkt abgepasst werden, wann der Jäger die Beute angreifen konnte.

"Aber ich bin ihre beste Freundin und darf das gar nicht", versuchte meine Beute, dem Jäger zu entkommen.

"Das weiß ich. Deshalb werde ich auch schweigen. Ich schwöre!", sagte ich. Ich konnte das gut schwören, denn damit rettete ich ja auch meine eigene Haut. "Aber ich habe dir heute mittag schon gesagt, dass ich einer Frau wie dir nunmal kaum widerstehen kann! Soll man denn immer gegen seine Gefühle ankämpfen?" 

"Das ist nicht fair, weißt du das?", sagte sie.

"Was?", fragte ich.

"Das du so bist, wie du bist", meinte sie dann nur, bevor sie mich küsste.

Der Jäger hatte sich in sein Opfer verbissen. Jetzt gab es für die Beute kein Entkommen mehr.

 

Yeah!

 

Was für ein Erfolgserlebnis! Da hatte ich tatsächlich den Eisklotz, der auch noch Marlenes Freundin war, dazu gebracht, mich zu küssen. Und alles, was im entferntesten nach schlechtem Gewissen roch, schob ich von mir. Ich war frei und lebte das auch. Jawoll!

Auch in dem Kiosk klebten wir aneinander, und ich musste sagen, dass Brandi toll küssen konnte. Sie war wohl entweder erfahren oder ein Naturtalent.

 

"Das darf niemals wiederholt werden!", sagte Brandi, als sie sich schon bald von mir verabschiedete.

"Das sehe ich auch so", meinte ich dann. "Aber es war klasse! Du bist eine traumhafte Küsserin! Hat dir das schon einmal jemand gesagt?". Sie lächelte.

"Und du bist ein alter Charmeur, dem man nichts glauben sollte", sagte sie.

"Mir?", spielte ich den Entrüsteten und sie lachte. Dann wurde sie wieder ernster.

"Ich kann Marlene nun besser verstehen...", sagte sie dann. Was sollte ich darauf sagen? Doch vielleicht erwartete sie auch keine Antwort, denn sie fuhr fort: "Verplapper dich ja nicht bei ihr, ja? Ich weiß, dass ich einen Fehler gemacht habe. Eigentlich sollte mein schlechtes Gewissen riesig sein, aber dazu fühle ich mich im Moment einfach noch zu gut. Der große Katzenjammer wird wohl morgen früh kommen... Sei`s drum. Ich möchte gerne Gras über die Sache wachsen lassen! Sie darf das nie, niemals erfahren!"

"Bleib` locker!", sagte ich beruhigend. "Sie wird es nicht erfahren. Und vergiss` nicht, das nächste mal wieder den Eisklotz zu spielen, wenn wir uns sehen". Sie grinste.

"Wird gemacht. Dann mache es gut, Lucas"

"Du auch" 

Am nächsten Tag kam ich recht müde von der Arbeit. Der Wahlkampf ging in die letzte Runde, die Wahlen würden in 6 Wochen statt finden, und es gab viel zu tun. Auch Benny, der nach der Arbeit immer mal gern mit zu uns kam, war geschafft nach Hause gefahren.

 

Ich war noch nicht lange im Haus, als es klingelte. Ich ging zur Tür und sah mich einem Mann mittleren Alters gegenüber, den ich nicht kannte.

"Du bist Lucas?", fragte er sofort, noch ehe ich was gesagt hatte.

"Ja", antwortete ich. "Was kann ich für dich tun?". Wenn der mich sofort duzte, duzte ich ihn auch.

Der Typ sah mich kurz von oben bis unten an, dann polterte er los:

"Hände weg von meiner Gerda, Früchtchen!"

"Bitte?", fragte ich und wusste plötzlich, wer das war: Gerdas Mann Albert.

"Du wurdest gesehen! Wenn mir nochmal etwas zu Ohren kommt, schlage ich dich zu Brei!" Ja, spinnte denn der?

"Ich habe doch nichts mit deiner Frau!", sagte ich genervt. Wurde echt Zeit, dass der Kerl wieder einer geregelten Arbeit nachging. Das artete ja aus, und seine Familie litt auch noch darunter!

"Lüg` mich nicht an! Du wurdest gestern mittag von meinem Kumpel am Kiosk beobachtet, wie du an meiner Frau rumgefummelt hast! Ich warne dich: Finger weg von ihr, sonst wirst du mich kennen lernen!". Na super! Jetzt wusste ich natürlich auch, was dieser Kumpel gesehen hatte: Die Umarmung am Schluss. Gerdas Danke dafür, dass ich ihr zugehöhrt hatte, als sie über ihre Probleme wegen dieses Kerls hier vor mir gesprochen hatte.

"Wir haben doch nur geredet!", sagte ich.

"Nur geredet! Mein Kumpel kennt dich, der weiß, wie du drauf bist! Deshalb hat ist er auch zu mir gekommen und hat mich gewarnt! Du... männliche Schlampe!"

Und dann passierte es: Ich fühlte urplötzlich Alberts Hand auf meiner Wange. Ein Knall, und ich hatte das Gefühl, mir sprang der Kopf vom Rumpf. Albert hatte mich geschlagen!

Ich hatte jetzt zwei Möglichkeiten: Erstens: Ich rief die Polizei und zeigte diesen Mistkerl an. Oder zweitens: Ich wehrte mich.

 

Es würde auch Gerda und den Kindern schaden, wenn ich die Polizei rief, das war mir innerhalb Sekunden klar. Also kam Punkt zwei zum Zug. Ich holte aus, und pfefferte Albert ebenfalls eine.

Und dann waren wir in der schönsten Keilerei. Meine Güte, ich hatte mich seit der 6. Klasse nicht mehr geprügelt, war etwas aus der Übung. Aber da Albert schon einige Jahre mehr auf dem Buckel hatte, in den letzten Wochen vor sich hinvegetiert war und ich durch den Sport fitter geworden war, entschied ich den Kampf für mich.

 

"Und jetzt mach`, dass du Land gewinnst!", sagte ich zornesbebend als ich nach unserer Keilerei vor ihm stand. "Und merke dir: Ich habe niemals etwas mit einer verheirateten Frau!". Zu meiner Überraschung trollte sich dann Albert tatsächlich.

 

Und ich stand noch eine Weile völlig fassungslos da. Ja, spinnten denn jetzt alle?

Bei uns zu Hause herrschte ebenfalls Eiszeit. Marlene ging mir, wann immer es ging, aus dem Weg. Es gab nicht die geringste Chance, das alles aufzuklären. Tagelang.

 

Essen allein, Sport allein, weshalb ich diesen nun auch vernachlässigte, Fernsehen allein - mir reichte es. 

 

Wie gut, dass man gute Freunde hatte.

Also lud ich mir Mark ein und weihte mit ihm die neue Spielkonsole ein, die ich mir vom letzten Gehalt gekauft hatte. So zockten wir eine Weile "Simio Kart" ohne viel zu quatschen. Eine Wohltat!

"Ist Marlene immer noch sauer?", fragte Mark, der nur wusste, dass Marlene und ich gestritten hatten, aber nicht, warum.

"Ja", sagte ich knapp, dann: "Mensch, pass` doch auf! Du hättest mich fast abgeschossen!"

"Ich krieg` dich schon noch! Du hast keine Chance!", sagte Mark und fuhr sein Auto noch schneller in die nächste Kurve. Ich dachte schon, das brach jetzt aus, doch er schaffte es, in der Spur zu bleiben und mich weiter zu verfolgen. Ich drückte ebenfalls auf den Gashebel. So leicht gab ich mich nicht geschlagen! "Aber das ist doch wohl scheiße, wenn ihr jetzt solchen Stunk habt! Ihr wohnt doch hier zusammen!", sagte Mark weiter.

"Ja. Ich habe so langsam das dumme Gefühl, dass das ein Fehler war", gab ich zu. Verdammt, jetzt wurde ich auch noch von einem vom dem Spiel generierten Fahrzeug überholt! Ja, das konnte ja jetzt nicht sein!

"Du musst in der nächsten Kurve aufpassen!", sagte Mark. "Die hat eine seltsame Welle, die einen schnell mal aus der Spur bringen kann!"

"Danke", sagte ich und gab tatsächlich acht. Dadurch wurde ich aber so langsam, dass nun auch Mark an mir vorbeizog.

"So langsam brauchst du dann doch nicht durch die Kurve fahren!", lachte der.

"Haha, sehr witzig! Die Runde ist noch nicht vorbei!", sagte ich und gab wieder mehr Gas.

"Möchtest du Marlene kündigen?", fragte Mark. Er glaubte ja, dass sie meine Untermieterin war. Blöde Geschichte. Mir war immer unwohler, meinen Kumpel belügen zu müssen.

"Ich weiß nicht. Lieber wäre es mir, wenn wir uns vertragen würden".

"Hast du was mit ihr?", fragte Mark und ich überlegte, was ich sagen konnte.

"Nein. Es war mal so ein bißchen... naja, sie würde gerne mehr, und das ist das Problem. Sie verbietet mir, andere Frauen hierherzubringen. Verdammt! Jetzt hänge ich in dieser doofen Mauer und komme fast nicht mehr heraus!"

"Du musst rückwarts fahren und gleichzeitig nach links lenken. Ein bißchen mehr Gas... ja, jetzt kommt er!", gab mir Mark den entscheidenden Tipp. Doch dadurch hatte ich jetzt viel wertvolle Zeit verloren. Das Rennen war wohl für mich vorbei.

"Aber das kann sie dir doch nicht verbieten!", sagte Mark und knüpfte an unser Marlene-Gespräch an.

"So sehe ich das auch und möchte da auch nicht klein beigeben. Und seither herrscht hier dicke Luft"

"Blöde Situation", stimmte auch Mark zu, der in diesem Moment durch das Ziel fuhr.

"Okay, du hast gewonnen!", gab ich mich geschlagen.

"Yeah!", sagte Mark. "Willst du eine Revanche?"

"Immer!", sagte ich und wir starteten ein neues Spiel.

"Soll ich mal mit Marlene reden?", bot sich Mark plötzlich an.

"Ich weiß`nicht - fändest du das eine gute Idee?", fragte ich zweifelnd. Sah das nicht komisch aus, wenn Mark vermitteln musste?

"Willst du ewig so leben?", fragte er zurück. 

"Nein, das nicht...", musste ich zugeben. Das war wirklich kein Zustand hier! Ganz im Gegenteil: Dann lebte ich lieber allein als so! Auch wenn ich mich dann um alles selbst kümmern musste...

"Also! Dann lass` mich mal machen, ja?", grinste er. Okay. Das ging entweder gut oder total in die Hose. Aber auf jeden Fall war ich ihm dankbar, sich der Sache annehmen zu wollen. Manchmal war er mehr wie ein Bruder, den ich nie gehabt hatte.

Und Mark hielt Wort.

 

Er kam an einem Sonntag mittag zu uns, als sowohl Marlene als auch ich frei hatten. Doch sie war gar nicht so begeistert von der Idee, hier über einen Dritten unsere Probleme wälzen zu müssen, und ich fand das schon wieder so ärgerlich, dass wir mit angesäuerten Mienen am Tisch saßen.

"Also, ich finde es ja schon peinlich, das alles jetzt vor Mark ausbreiten zu müssen!", meinte Marlene immer noch widerstrebend.

"Toll! Wir hätten das schon lange klären können, wenn du mir nicht permanent ausgewichen wärst!", gab ich zurück.

"Mit dir kann man aber kein normales Gespräch führen!", zickte nun Marlene und wir waren wieder mittendrin im schönsten Streit.

"Leute!", ging Mark dazwischen. "Wir haben noch nichtmal richtig angefangen und schon fliegen hier wieder die Fetzen! Unglaublich!". Marlene und ich schwiegen peinlich berührt. "Also. Wir sind alle erwachsen und klären das jetzt ganz in Ruhe, ja?", sicherte er sich noch ab.

"Was gibt es denn da zu klären?", fragte Marlene. "Lucas ändert sich niemals! Dem ist doch egal, wie sich andere fühlen! Hauptsache, er hat seinen Spass!". Boah! Was war das denn?

"Jetzt mach` aber mal einen Punkt!", sagte ich. "Du erwartest hier Sachen von mir, die ich nicht halten kann!"

"Bleibt ruhig!", mahnte uns Mark an und ich atmete tief ein und aus. Ruhig bleiben. Das war gar nicht so einfach.

"Aber ich habe dir gesagt, dass es mir nicht leicht fällt, dich so...". Sie stockte und sah kurz zu Mark rüber. Ihr war es wohl peinlich, das vor Mark zu besprechen. Sie wusste ja nicht, dass er Bescheid wusste.

"Ja, ich weiß", half ich dann da raus. "Aber was soll ich denn machen? Ich treffe mich eben gern mit... anderen".

"Ja, das kann ich nicht ändern. Das ist mir klar", gab nun Marlene zu. "Aber es ist so schwer für mich, dass ich mir überlegt habe, auszuziehen". Oh. Sie hatte sich das auch schon überlegt? Damit hatte ich nun nicht gerechnet und wusste nicht, was ich darauf sagen sollte.

"Möchtest du denn ausziehen?", fragte Mark, weil wir beide nichts mehr sagten.

"Ich weiß`nicht", flüsterte Marlene. Plötzlich stand sie auf und wollte gehen, doch ich war schneller, stand auf und ging zu ihr. Mark war so diskret und verließ die Küche.

Marlene rollten stille Tränen die Wangen hinunter, und das war ein Anblick, den ich kaum ertragen konnte. Tränen bei einer Frau riefen Erinnerungen wach, die ich zu gern vergessen würde.

"Marlene", sagte ich sanft und wischte ihr die Tränen weg.

"Weißt du, ich will ja eigentlich gar nicht weg! Aber das, was ich wirklich möchte, kann ich nicht bekommen, und das macht mich fertig!". Ich wusste, worauf sie hinaus wollte.

"Wir hatten das doch besprochen...", gab ich leise zu bedenken.

"Ja, ich weiß. Aber ich kann meine Gefühle nicht ausschalten wie mit einem Schalter. Schon gar nicht, wenn ich dich jeden Tag sehe"

Ich umarmte sie. Und sie drückte sich fest an mich.

"Ich schätze dich sehr, Marlene. Aber ich kann keine feste Beziehung mit dir haben". Sie musste das wissen, es ging nicht, dass sie sich immer und immer wieder Hoffnung machte. Sollte sie das nicht in den Griff bekommen, wäre es vielleicht doch besser, wenn sie sich was Eigenes suchte. Sie schluchzte.

"Ich weiß"

Ich ließ sie wieder los.

"Pass` auf, wir müssen einen Kompromiss finden. Zumindest solange, bis du mit einem wunderbaren Mann hier reinkommst, der dich auf Händen tragen wird", lächelte ich, und sie konnte tatsächlich zurück lachen.

"Hast du schon eine Idee?", fragte sie.

"Naja. Ich verspreche dir, dass ich hier nicht wild knutschend mit einer anderen in Wohnzimmer, Küche, Bad, Arbeitszimmer rummachen werde". Sie schluckte.

"Okay, weiter?"

"Dafür muss es für dich in Ordnung sein, wenn ich im Schlafzimmer bin und ein Handtuch an die Klinke gehängt habe. Das ist für dich dann das Zeichen, dass das Schlafzimmer für dich tabu ist. Einverstanden?". Sie rieb sich über die Stirn und schloss die Augen. Also, hoffentlich projezierte sie sich jetzt keine Bilder in den Kopf...

"Einverstanden", sagte sie dann aber. "So machen wir das"

Dann umarmte sie mich, und das war der Moment, als Mark leise klopfte und dann herein kam.

"Alles klar bei euch?", fragte er.

"Ja, alles klar", sagte ich. "Wir haben uns etwas überlegt, das funktionieren könnte"

"Und auf das seid ihr ohne mich nicht gekommen?", fragte er. Ich ließ Marlene los.

"Kumpel, was täten wir ohne dich!", sagte ich zu ihm und schlug ihm auf die Schulter. Mein Dank an ihn. Er würde das verstehen.

Als er ging, ging ich mit ihm raus, so dass wir nochmal ungestört reden konnten.

"Hey, danke Mark!", sagte ich zu ihm.

"Schon gut! Das meiste habt ihr ja eh selbst gemacht", grinste er.

"Gut, dass wir endlich darüber reden konnten. Das war eine richtig blöde Situation"

"Sie ist in dich verliebt", sagte Mark recht tonlos. Das war keine Frage, sondern eine Feststellung. Ich seufzte auf.

"Ich weiß", sagte ich dann ohne Stolz. "Ich aber nicht in sie. Aber ihre Freundschaft ist mir wichtig".

"Ich verstehe. Ich hoffe, dass sie das auch bald versteht"

"Das hoffe ich auch! Glaube mir! Hätte sie einen Freund, würde das vieles leichter machen!"

"Ach, sie wird über dich hinwegkommen! Wie die vielen anderen vor ihr auch". Ich knuffte ihn.

"Jaja. Jetzt komm` nicht wieder so daher! Wir hatten das schon mit der Wette. Vergiss` das nicht! Soetwas mache ich nicht noch einmal!"

"Ich auch nicht! Mir graut schon davor, wenn ich den Geldbeutel für dich aufmachen muss!"

"Ha! Bald, mein lieber! Es wird immer wärmer, ich denke, wir können das bald wagen"

"Ich weiß", grummelte er. "Welche Frauen sollen wir eigentlich einladen? Deine Liste sollten wir da vielleicht nicht gerade nehmen, oder?"

"Meine Liste!", sagte ich empört. "Wie sich das anhört! Noch nie was vom Handy-Adressbuch gehört, oder was? Aber du hast recht: Das wäre nicht so gut. Ein paar unbekannte Frauen wären schön, dann vielleicht auch solche, die ich lange nicht mehr gesehen habe. Aus der Schule etwa"

"Das lässt sich einrichten. Ich habe schon so die eine oder andere im Kopf. Hoffen wir mal, dass die Damen auch kommen möchten, wenn ich deinen Namen sage". Wieder knuffte ich ihn, diesmal ein bißchen stärker.

"Au!", rief er aus.

"Ein bißchen mehr Respekt, bitte!", frotzelte ich, bevor Mark dann nach Hause ging.

Am darauffolgenden Freitag ging es mal wieder in die Disco. Als Mark und ich im "Black Sky" ankamen, war noch gar nicht soviel los. Ich tanzte ein bißchen mit Mark zu den wummernden Bässen, die einem durch und durch gingen.

Irgendwann wurde es voller, und damit kamen auch mehr Mädchen. Ich war wieder ganz in meinem Element, und selbst Mark schien heute entspannter zu sein als sonst.

Irgendwann sagte Mark:

"Hey, da ist Johanna!". Welche Johanna denn? Ich wusste, dass er mir schon einmal etwas über eine Johanna erzählt hatte, konnte mich aber nicht mehr an das Gesicht dazu erinnern.

"Wo?", fragte ich deshalb.

"Na, da vorne! Mit dem roten Top!". Ich sah nach vorne. Ach genau, jetzt erinnerte ich mich wieder. Die zu kurzen Haare. Aber diesmal zeigte sie wenigstens mehr Haut, die Beine konnten sich doch sehen lassen. Ich sah Marks Grinsen und plötzlich ging mir ein ganzer Kronleuchter auf: Mark war wohl in Johanna verliebt!

Zu meiner großen Überraschung ging Mark jedoch nicht zu seiner Flamme rüber, sondern setzte sich an die Bar. Ich folgte ihm.

"Hey, was ist los?", fragte ich.

"Nichts. Ich möchte nur was trinken", sagte er ohne mich anzusehen.

"Also bitte, Mark!", sagte ich, "Ich kenne dich viel zu lange, um nicht zu sehen, was mit dir los ist!". Sein Kopf schnellte in meine Richtung.

"Was meinst du?", fragte er gehetzt.

Ich lachte auf.

"Du bist in die Kleine verknallt, habe ich recht?", fragte ich frei raus.

"In wen?", fragte Mark erschrocken.

"In diese Johanna!", sagte ich.

"Nein!", antwortete er viel zu schnell. Ich prustete los.

"Sag` mal, sind wir im Kindergarten? Jetzt gebe es halt zu! Ich sehe es dir doch eh an!"

"Ach, lass` mich doch in Ruhe, Knallkopp!", sagte Mark und stand wieder auf. Ich blieb belustigt sitzen. Dieser Dickschädel. Da verliebte er sich und verhielt sich wie ein kleines Kind. Meine Güte. Dabei hätte er doch an mir schon längst sehen müssen, dass man das anders machte.

Benny trudelte irgendwann auch ein. Mit ihm sollte ich mal ein paar Klamotten einkaufen gehen, zumindest für die Disco. Es konnte ja nicht sein, dass er wie sein eigener Opa hier herumlief. Ich unterhielt mich gerade mit Manuela, die ich von der Schule her kannte. Mark stand bei Benny, dabei war seine Flamme einen Katzensprung von ihm entfernt.

"Sag` mal, Manuela", sagte ich, "du bist doch der gleiche Jahrgang wie Johanna, oder?"

"Ja, wir waren in einer Klasse", antwortete sie. Ich wunderte mich immer noch, dass mir Johanna so gar kein Begriff war. Wie hatte sie denn damals ausgesehen? War sie so... unscheinbar gewesen?

"Ahja. Weißt du, ob sie einen Freund hat?", fragte ich gedankenlos. Manuela grinste sofort los.

"Sag` mal, stehst du auf sie?", fragte sie. Oh mein Gott, jetzt hatte ich wieder was angerichtet!

"Nein, das nicht", sagte ich und überlegte, wie ich aus der Sache wieder rauskommen könnte. "Pass` auf, bei mir wird bald eine Party steigen. Eingeladen sind Solo-Mädchen, deshalb frage ich".

"Ach so", sagte sie. "Also, Johanna hat keinen Freund. Ich im übrigen auch nicht", zwinkerte sie mir zu.

"Na, dann bist du eingeladen!", sagte ich und jubilierte. Ich würde einfach Johanna zu der Party einladen, dann konnte sich Mark ganz ungehindert mit ihr unterhalten und ihr näher kommen. Na, wenn das mal nicht ein genialer Plan war!

Ich ging also schnurstracks zu Johanna, die mich völlig ungläubig ansah, als ich vor ihr stand. Kein Wunder. Hatten wir je ein Wort miteinander gewechselt?

"Hallo Johanna!", sagte ich und lächelte gewinnend.

"Hey... Lucas", stotterte sie. Gut, wenigstens schien sie zu wissen, dass wir zusammen zur Schule gegangen waren, wenn sie meinen Namen noch wusste. 

"Du, pass` auf: Bei mir wird es bald eine Party geben, und ich möchte dich dazu einladen. Den genauen Termin sage ich dir dann noch"

"Was?", fragte sie nach. Die Musik war hier drin ganz schön laut, also hob ich meine Stimme an und wiederholte:

"Ich lade dich zu meiner Party ein, die demnächst bei mir stattfinden wird. Wegen des Termins rufe ich dich nochmal an. Es wäre toll, wenn du kommen könntest!". Hatte sie mich jetzt verstanden?

"Oh!", sagte sie nur. Wie: Oh? Ein Ja wäre mir lieber gewesen. Sie schwieg noch einen Moment, wohl um zu überlegen, ob es so klug war, auf eine Party von einem Typen zu gehen, mit dem sie sich noch nie unterhalten hatte. Ich konnte es ihr nicht einmal verdenken, hoffte aber für Mark, dass sie zusagte. Dann antwortete sie:

"Ähm, klar. Ich komme. Du musst mir nur sagen, wann die Party steigen wird. Und ob ich etwas mitbringen soll, Salat oder sowas". Ich jubilierte.

"Klasse!", sagte ich, und wir tauschten unsere Handynummern aus, damit ich ihr dann Bescheid sagen konnte.

Danach setzte ich dann sofort Mark davon in Kenntniss, dass er seiner Liste noch zwei Namen hinzufügen konnte. Also ich Johannas Namen nannte, sah er mich so ungläubig an, dass ich mir das Lachen verkneifen musste.

"Das ist jetzt nicht dein ernst, oder?", fragte er. Ich grinste.

"Doch, natürlich. Wenn du schon nicht in die Puschen kommst, muss ich da eben ein wenig nachhelfen!". Er schluckte hart. Tja, mein Lieber! So machte man das! Völlig unkompliziert! Und jetzt wäre ein Danke angebracht.

"Du bist ja völlig übergeschnappt", sagte er jedoch. Oder hatte ich ihn nur nicht richtig verstanden? Die Musik war heute echt laut hier drin!

"Ja, du kannst dich auch später noch bedanken", meinte ich.

"Erwarte nichts", meinte er nur, dann seufzte er auf. "Aber schön, ich setze Manuela und Johanna auf die Liste". Na wunderbar! Ich freute mich richtig und hoffte wirklich, dass mein brüderlicher Kumpel an dem Abend einen Erfolg für sich verbuchen würde können.

Am nächsten Mittag lernte ich drei der vier Kinder von Gerda und ihrem bekloppten Mann kennen. Miranda, die älteste der vier, ging mit ihren Geschwistern Hans und Desdemona an unserem Haus vorbei.

Die Kinder waren sauber gekleidet, wenn man auch sah, dass viele der Kleider wohl aus dem Second-Hand waren. Außerdem schien mir Miranda schon sehr verantwortungsbewusst für ihr Alter zu sein. Wenn ich dachte, wie ich mit 16 war... sie stattdessen ging mit ihren Geschwistern auf den Waldspielplatz, der von hier aus ganz in der Nähe war.

 

Desdemona beäugte mich neugierig.

Hans interessierte sich nicht die Bohne dafür, was ich mit seiner Schwester redete. Er quengelte die ganze Zeit, dass er endlich weiter wollte.

"Ich muss weiter", sagte Miranda schon bald.

"Klar", sagte ich locker. "Grüße deine Mutter von mir, ja?"

"Mache ich", versprach sie, dann ging sie mit ihren zwei Geschwistern weiter.

Da ich an dem gestrigen Abend in "Black Sky" mehr nach Marks Liebesleben denn nach meinem geschaut hatte, flirtete ich eine Dame an, die gerade an unserem Haus vorbei joggte. Ich schloss mich ihr spontan an, auch wenn ich keine Sportkleidung anhatte und war froh, nun etwas sportlicher als früher zu sein. Da taten sich nämlich noch ganz andere Flirtmöglichkeiten auf.

Als sie ging, verabschiedete ich mich von ihr mit einem Kuss. Das war mir der Schweiß vom joggen wert gewesen. Und Marlene war Lebensmittel ausliefern, also bestand keine Gefahr, dass sie mich jetzt so sah. Alles im grünen Bereich also. 

Naja, fast. Diese doofe Dusche meinte, gerade jetzt ihren Geist aufgeben zu müssen, wo ich mich von meinem Schweiß befreien wollte. Also musste ich mal wieder mit dem Schraubenschlüssel ran. Und auch wenn ich eigentlich geübter sein sollte, schaffte ich es fast nicht, dieses Ding wieder in Gang zu setzen. War da nicht noch Garantie drauf? Die Dusche war schließlich neu! Wenn sie noch einmal tropfte, würde ich mal in dem Saftladen anrufen!

Am Samstag darauf klingelte es mittags an unserer Tür. Ich konnte nicht fassen, als ich sah, dass Albert Kappe da draußen stand! Was wollte der denn schon wieder hier? Ich trat hinaus, Angst hatte ich vor dem Kerl nicht.

"Was willst du hier?", begrüßte ich ihn übellaunig.

"Junge, jetzt hast du Ärger an der Backe, das kann ich dir sagen!", begrüßte er mich nicht minder verärgert.

"Was soll das denn heißen? Glaubst du etwa immer noch, dass ich was mit Gerda habe, oder was?". Mein Gott, erbarmte sich denn nicht endlich mal ein Arbeitgeber da draußen und stellte diesen Typen ein, damit er endlich von der Straße weg war? Dem war wohl zu langweilig und deshalb suchte er immer Stunk. Gut, depressiv war er wohl auch. Aber deshalb musste er mich nicht immer völlig grundlos angreifen!

"Pah! Zuerst macht man sich an eine verheiratete Frau ran, und dann an deren Tochter! Ich breche dir alle Knochen, Freundchen!". Ja, spinnte der denn jetzt komplett?

"Was bitte faselst du da? Hast du was getrunken oder was? Ich würde sagen, dass du jetzt gehst!"

"Von wegen!", sagte er drohend. "Du lässt deine dreckigen Finger von meiner Familie, kapiert? Meine kleine Desdemona hat gesagt, dass du mit Miranda gesprochen hast. Wenn mir noch einmal so etwas zu Ohren kommt, wirst du bereuen, auf die Welt gekommen zu sein!". Ich lachte ihn aus.

"Ach so? Na, werden wir mal sehen, wer den nächsten Kampf gewinnen wird!", reizte ich ihn.

"Ja, das werden wir!", sagte Albert. Konnte er sich denn gar nicht an seine peinliche Niederlage erinnern? Ich schon, deshalb machte mir auch diese Drohung keine Angst.

"Und jetzt verlässt du mein Grundstück, Albert. Dann werde ich versuchen, deinen Auftritt hier zu vergessen!"

"Du hast mir gar nichts zu sagen! Hände weg von Gerda und Miranda, sonst setzt es Prügel!". Was für ein roher Mensch! Ob Gerda überhaupt glücklich war?

"Ich werde mich gerade so zusammen reißen können", frotzelte ich. Eine Frau, die deutlich älter war als ich, und eine Teenagerin. Was glaubte Albert eigentlich?

"Das will ich dir auch geraten haben!", sagte er, bevor er dann tatsächlich ging. Wie denn? Ohne zu kämpfen? Ich trottete wieder in mein Haus und hoffte, dass ich diesen Kerl nun lange nicht mehr sehen musste. Depp der.

Drinnen pflanzte ich mich schlecht gelaunt auf das Sofa. Also echt, dieser Albert hatte doch wirklich einen Knall! Ich hatte also sowohl mit seiner Frau als auch mit seiner Tochter ein Verhältnis! Unglaublich. Als ob ich es nötig hätte. Pft.

In diese trüben Gedanken hinein klingelte es auch noch an der Haustür. „Auch das noch!“, murmelte ich genervt und war schon versucht, einfach nicht zu öffnen. Mir konnten heute echt alle gestohlen bleiben! Doch dann klingelte es wieder, und ich stand seufzend auf, um nachzusehen, wer mich jetzt auch noch störte. Aber vielleicht war es ja Benny, der es sicher schaffen würde, mich wieder aufzumuntern.

Doch als ich die Tür aufriss, stand mir ein junger, doch gänzlich unbekannter Mann gegenüber, der mich neugierig musterte. Sicher hatte er sich nur im Haus geirrt. Doch der Mann sah mich an, lächelte dann, und fragte:

„Bist du Lucas Schiller?“. Verblüfft starrte ich ihn an. Okay, eine Verwechslung war wohl ausgeschlossen. Schnell überlegte ich, was ich sagen sollte.

War das hier der Typ irgendeiner Frau, die ich in den letzten Wochen mal angeflirtet hatte? Der mich nach einem zu schnell gesagten Ja sofort mit einem Kinnhaken niederstrecken würde? Ich blieb vorsichtig.

„Wer will das wissen?“, fragte ich deshalb nur. Der Typ lächelte.

„Oh, entschuldige, ich sollte mich auch noch vorstellen: Ich bin Oliver. Oliver Talin“. Er reichte mir seine Hand und ich griff immer noch höchst vorsichtig nach ihr. Nicht, dass er mir jetzt doch noch eine reinhaute. Außerdem sagte mir auch dieser Name nichts, gar nichts. Noch nie gehört!

„Lucas, ich muss etwas Wichtiges mit dir besprechen“, fuhr Oliver fort und ich sah die Bitte in seinen Augen, dass ich ihn doch in das Haus lassen sollte. Mensch, dabei hatte ich mich gerade so schön in meinem Selbstmitleid gesuhlt! Nicht einmal das war mir heute vergönnt!

 

Aber ich trat zur Seite und ließ ihn durch.

Oliver sah sich neugierig in meinem Haus um, und ich machte ein Zeichen, dass er sich auf die Couch setzen konnte.

„Danke“, sagte er und setzte sich. Ich nahm neben ihm Platz und dachte nicht daran, ihm irgendetwas anzubieten. Noch war er hier ein unerwünschter Besucher, den ich jetzt ganz sicher nicht bewirten würde. Doch daran dachte er vielleicht auch gar nicht, denn mir fiel auf, dass mich dieser Mensch unverfroren musterte.

„Was kann ich denn jetzt für dich tun?“, fragte ich und hoffte, dass er dann endlich aufhörte, mich wie ein Alien anzustarren. Er räusperte sich.

„Das alles fällt mir nicht gerade leicht und ich bin auch sehr nervös“, sagte er, doch ich sah ihn weiter ungerührt an. Was sollte das Gesabbel denn?

„Also, Lucas, ich schätze, dass du etwa 23 Jahre alt bist. Oder?“. Er strapazierte meine Geduld. Was sollte denn diese Frage schon wieder?

„Möglich“, wich ich ihm aus. Doch er lachte plötzlich los.

„Okay, das ist für dich jetzt sicher sehr seltsam!“, meinte er dann.

„Vielleicht weil ich keine Ahnung habe, was diese Fragen nach meinem Namen und meinem Alter sollen?“, sagte ich. Nun wurde er wieder ernster.

"Tut mir leid. Ich bin nur sehr aufgeregt, denn wie es aussieht, bin ich endlich am Ziel. Ein Jahr Suche geht damit zu Ende. Ich wollte nur sicher gehen, dass du auch der Lucas bist, den ich suche“. Wie, der suchte mich seit einem Jahr? Schnell durchforstete ich mein Hirn nach irgendwelchen Affären, die ich vor einem Jahr hatte. Doch leider konnte ich nichts greifen, zuviel war in den letzten Wochen geschehen. Und warum suchte dieser Typ so lange nach mir, um sich für den Ausrutscher seiner Freundin oder was auch immer zu rächen, und lachte hier immerzu herum? Ich verstand gar nichts mehr!

„Pass` auf, ich muss mich noch absichern, bevor ich dir alles erzähle: Du hast eine Mutter, die Thea heißt, richtig?“. Klar, absichern! Wir sind ja so nett und hauen keinen Unschuldigen krankenhausreif! Logo!

„Weißt du, ich habe gerade keine Lust auf dieses Frage- und Antwortspiel. Dafür solltest du dir wirklich jemand anderen suchen“, sagte ich zu ihm und stand demonstrativ auf, was ihm zeigen sollte, dass er nun gehen musste. Doch er dachte nichtmal daran. Ungerührt fuhr er fort:

„Dein Vater war Fernfahrer, ist vor etwa 10 Jahren gestorben und hat Markus Schiller geheißen. Ihr habt in Two Lake City zusammen in der Weidegasse 32 gewohnt und du wohnst hier in der Simlane 10 seit etwa fünf Monaten. Deine Mutter heißt Thea und du bist ein Einzelkind“. Ich starrte ihn an und konnte nichts mehr sagen.

 

Woher zum Teufel wusste er das alles?

 

 

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19.03.19 Endlich! Nach einer gefühlten Ewigkeit habe ich die Seite nun fit für die DSGVO gemacht, alles ist online und ihr könnt hier wieder die Abenteuer meiner Schillers lesen!

 

Ich wünsche euch viel Spaß dabei!

 

 

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