Es war eines der Wochenenden, die Raphael bei den Mohrs verbrachte. Hanna und ich hatten beide recht zeitig Feierabend machen können und hatten nun mal wieder Zeit für uns. Nur für uns. Das war ziemlich selten geworden, auch wenn Raphael immer mal wieder bei Fiona übernachtete, denn oft lag doch noch Arbeit auf dem Tisch zu Hause in unserem Arbeitszimmer oder man traf sich mit jemandem. Doch nicht heute.

 

Als wir auf der Rückfahrt von Mohrs waren, hielten wir am Mühlsee an. Wir beide mochten die Seen unserer Stadt sehr. Selbst als wir noch nicht zusammen gewesen waren hatten wir uns ja sogar mal hier zufällig getroffen. Das Boot, das am Ufer lag, lachte uns geradezu an und wir fragten den Besitzer, ob wir es für ein Stündchen leihen durften. Den Besitzer kannte Hanna, deshalb war es dann auch kein Problem.

Wir schipperten ein bisschen am Ufer entlang. Ich ruderte, während Hanna ihre Finger ins Wasser eintauchte. Die Sonne stand schon tief, bald würde sich der Himmel rot verfärben und alles in ein warmes Licht tauchen. Das leichte Plätschern des Wassers, wenn ich die Ruder darin eintauchte, leichtes Vogelgezwitscher, das schon bald durch das Zirpen der Grillen abgelöst werden würde - es war eine so friedliche, schöne Atmosphäre, dass der Stress der letzten Woche augenblicklich von mir abfiel.

"Du machst das super", sagte Hanna ebenso entspannt lächelnd zu mir und die Strahlen der untergehenden Sonne zauberten verspielte Lichtpunkte in ihr blondes Haar.

"Danke", lächelte ich zurück und fühlte mich einfach gut. Hanna sah mir tief in die Augen und genauso intensiv sah ich in ihre. Wir sagten nichts und doch so viel. In diesen Momenten fühlte ich mich so stark mit ihr verbunden, dass ich mir nicht mehr vorstellen konnte, wie das Leben ohne sie war. Und ich wusste, dass es ihr ähnlich ging.

Ein Schwanenpaar leistete uns Gesellschaft. Wie ich wusste, waren sich Schwäne ein Leben lang treu, wenn sie sich für einen Partner entschieden hatten.

 

Und ich wusste, ich würde das auch sein.

Ich sah meine Liebste an. Nein, diese Frau wollte ich nicht verletzen, ganz im Gegenteil sogar.

"Schön, dass wir endlich mal wieder Zeit für uns haben", sagte ich dann in die Ruhe, die uns hier umgab. Und selbst ich fand die Stimmung gerade schön und romantisch, wie geschaffen für Hanna und mich.

"Ja", bestätigte sie. "Ich habe das richtig vermisst".

"Ich auch", stimmte ich ihr zu. Was tat es gut, mit dem geliebten Menschen zusammen sein zu können! Und welche verrückte Geschichte wir zwei hinter uns hatten! Das wir hier heute gemeinsam in einem Boot saßen, war wirklich nicht selbstverständlich. Ich könnte Hanna immer noch dafür küssen, dass sie damals nicht zu Gregor Angeber gegangen ist, sondern das Gespräch mit mir gesucht hatte. Das hatte endlich die letzten Knoten platzen lassen.

"Ich liebe dich!", sagte ich zu ihr, um ihr meine Gefühle, die im Moment in mir tobten, zum Ausdruck zu bringen.

"Und ich liebe dich, Lucas", sagte sie. "Ich könnte mir sogar vorstellen, noch eine ganze Weile mit dir zusammenzubleiben". In ihren Augen blitzte nun der Schalk, sie brachte mich so oft zum Lachen. Mit Hanna war nicht nur die Liebe in mein Leben gekommen, sondern auch das Gefühl angekommen zu sein. Wenn ich daran dachte, wie unbeständig ich noch vor ein paar Jahren war, weil ich tief in mir eine Mauer aufgebaut hatte, um mich davor zu schützen, dass mich ein zu starkes Gefühl kaputt machen könnte. Und hatte nicht bedacht, dass man nicht richtig lebte, wenn man sich immerzu verschloss. Sie war die Frau gewesen, die diese Mauer zum Einsturz gebracht hatte. Sie liebte mich, so wie ich war, sie stand felsenfest zu mir, war mir treu und einfach immer für mich da.

"Wirklich?", fragte ich dann ebenso neckend. "Das hört sich aber ganz schön lange an. Glaubst du, du hältst es echt so lange mit mir aus?", fragte ich sie.

"Ach, ich muss eben stark sein, das geht schon", meinte sie und zwinkerte mir zu.

"Dann bin ich ja beruhigt. Denn ich habe vor, noch sehr lange mit dir zusammen zu sein"

"Wie lange denn?", fragte sie.

"Och", überlegte ich gespielt angestrengt. "Ich dachte da an ein Menschenleben. Meinst du, du schaffst das?"

"Ein Menschenleben?", fragte sie noch mal nach. "Das wird sicher nicht so leicht, das stimmt schon. Aber gut, ich werde mein Bestes versuchen". Sie zwinkerte mir zu.

"Dann heirate mich, Hanna!", sagte ich da. Ich hatte mir in den letzten Wochen ja schon öfter überlegt, ihr diese Frage zu stellen. Die Frage war nur gewesen, wie und wo, denn ich wollte es für sie so besonders und schön machen wie es nur ging. Ich war auch auf verschiedene Möglichkeiten gekommen und hatte mich nur noch für eine davon entscheiden müssen.

 

Doch in diesem Moment war keine der Möglichkeiten mehr wichtig gewesen.

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Hanna sah mich so überrascht an, wie ich mir das immer vorgestellt hatte.

"Was hast du gesagt?", hakte sie dann mit leiser, zittriger Stimme nach.

Ohne lange zu überlegen warf ich mich vor ihr auf die Knie.

"Schatz, du weißt, dass ich nie wieder ohne dich sein möchte. Du hast mir gezeigt, was Liebe wirklich ist. Du hast auf mich so lange gewartet, ohne dass ich das auch nur verdient hätte. Du willst mich einfach nur glücklich machen, und das schaffst du immer und immer wieder. Und ich will dich glücklich machen. Ich liebe dich so sehr, Johanna Keppler! Willst du meine Frau werden?". Nun klopfte mein Herz bis zum Hals. So aufgeregt war ich schon lange nicht mehr gewesen!

Hanna strahlte mich an, ihre Augen leuchteten, und dann sagte sie:

"Und ob ich das will!"

Sie fiel mir so stürmisch um den Hals, dass ich fast umgefallen wäre. Ich hielt sie fest umschlungen, meine Hanna, die ich in naher Zukunft heiraten würde. Denn sie wollte tatsächlich meine Frau werden! Glückshormone schossen durch meinen Körper und erfüllten mich mit so wahnsinnig viel Glück.

 

Wir würden heiraten!!!

Wieder zu Hause schafften wir es nicht mal mehr ins Schlafzimmer. Wir waren wie berauscht durch dieses pure Glück, dass in uns war und liebten uns wild.

Der erste, der erfahren sollte, dass wir heiraten würden, war natürlich Raphael. Hanna und ich waren auf seine Reaktion gespannt. Würde er es gut finden, dass seine Eltern heirateten? Oder doch eher doof? Doof war gerade sein liebstes Wort, wenn er etwas nicht mochte. Ich hoffte, dass wir das heute nicht zu hören bekommen würden.

 

Hanna und ich setzten uns zu ihm auf den Boden, als er spielte. Das war nicht ungewöhnlich, wir spielten oft mit ihm hier, deshalb war für ihn auch das jetzt nichts Besonderes.

Doch das würde sich gleich ändern...


"Raphael, wenn Mama und Papa heiraten würden - wie würdest du das finden?", fragte ich ihn, und wir warteten gespannt auf seine Reaktion.

"Heiraten?", fragte Raphael uns. "Ist das dann so wie bei Susan und Marita? Oder wie bei Tims Eltern?"

"Genau", bestätigte Hanna unserem Sohn. Und ohne groß nachzudenken sprudelte es aus ihm heraus:

"Cool! Dann wären meine Eltern auch verheiratet! Das wäre ja toll!", freute er sich und ich grinste Hanna an. Mit so einer positiven Reaktion seitens Raphaels hätte ich jetzt gar nicht gerechnet. Kinder fanden Veränderungen meistens nicht so toll, auch Raphael mochte einen geregelten Ablauf. Aber hier würde sich ja auch grundsätzlich nichts verändern, nur eben, dass seine Eltern dann auch ganz offiziell verheiratet waren, so wie die meisten Eltern seiner Freunde auch. Und scheinbar gefiel ihm dieser Gedanke sehr.

Natürlich ließen wir an unserem Glück schon sehr bald die anderen auch teilhaben. Sie mussten sich schließlich darauf einstellen, bald eine Einladung zu einer Hochzeit in den Händen zu halten.

 

Wir ernteten durchweg strahlende Gesichter, als wir sagten, dass wir heiraten würden. Meine Mutter freute sich unendlich, denn sie hatte Hanna ja schon von Anfang an als Schwiegertochter gesehen.

Hannas Schwester Ellen und ihr Mann Marcel freuten sich ebenso, als wir sie mit der Neuigkeit besuchten.

Und schon kurz darauf waren wir bei Mark eingeladen, zusammen mit seiner Schwester Amber, deren Mann Benny und auch seiner Tanja.

Amber fragte gleich, ob wir einen Junggesellenabschied feiern würden. Sie meinte, wir müssten unbedingt einen machen, Hanna und ich waren uns aber einig, dass wir das nicht brauchten. Ich hatte mich jahrelang genug ausgetobt, und Hanna dürstete es scheinbar nicht nach einem knackigen Nackttänzer, was mich irgendwie erleichterte.

Tanja hatte ich schon lange nicht mehr privat gesehen, das letzte Mal war irgendwann vor gefühlten Jahren, als Mark und ich sie im Doc Browns gesehen hatten. Als Chefin ihrer Baufirma hatte ich als Architekt jedoch schon öfter mit ihr zu tun gehabt. Aber heute Abend war auch sie viel gelöster als sonst, und ich konnte nur zu gut ahnen, woher das kam. Die Liebe stand schließlich jedem gut zu Gesicht.

Hier sah ich dann auch Mark und Tanja zum ersten Mal zusammen und ich konnte mir in diesem Moment einfach nicht vorstellen, dass sich Marks Sorgen bestätigen würden. Warum sollte eine Chefin nicht mit ihrem Mitarbeiter zusammen sein?

Marita und Susan strahlten um die Wette, als wir sagten, dass nun auch wir vor den Traualtar treten würden.

Währenddessen nutzten die Kinder die Zeit, um wieder miteinander zu spielen. Raphael hörte die Geschichte ja nun nicht zum ersten Mal, und Fiona würde schon früh genug eingeweiht werden. Ich vermutete sogar, dass Raphael das seiner so-gut-wie-Schwester mitteilen würde.

Seit wir verlobt waren, strahlte Hanna noch mehr als sonst, auch hier wieder. Sie sah mich mit Blicken an, die mir weiche Knie bescherten.

Ob ihr meine Blicke wohl ähnliche Gefühle bereiteten?

Auch Hannas beste Freundin Zoe wurde eingeweiht, sie wurde dann auch gefragt, ob sie Hannas Trauzeugin sein wollte. Diesen Job würde bei mir Mark übernehmen.

Und Hannas Vater Bernd strahlte, als wir bei Kepplers die frohe Nachricht verkündeten. Zu ihm hatte ich ja eh einen so guten Draht, unsere gemeinsamen Angel-Nachmittage waren mir mehr als wichtig.

Na ja, fast alle freuten sich. Hannas Mutter seufzte auf, als wir sagten, dass wir heiraten würden. Es war so ein Seufzen, als wollte sie sagen: "Toll, dann ist die Chance noch geringer, dass Lucas aus unserem Leben verschwindet" und das war schon hart. Unser Verhältnis zueinander würde sich wohl nie mehr ändern.

Ich freute mich auch sehr, dass wir meinem Bruder und seiner Toni die Nachricht persönlich überbringen konnten. Die beiden waren zu uns nach Two Lake City gefahren, und heute trafen wir uns bei Frank.

"Hey!", begrüßte mich Oli strahlend. Dieser Strahlemann! Das war eine seiner stärksten Eigenschaften, dass ihm scheinbar nie die gute Laune verloren ging. "Wie geht es euch? Und meinem Neffen?"

"Alles gut", antwortete ich. "Raphael ist zu Hause, Marita passt heute auf ihn auf, bis wir wieder da sind. Wie geht es dir?", fragte ich nach.

"Alles super", strahlte er. Schon seit über zwei Jahren war nichts auffälliges mehr bei ihm gewesen, und das war einfach nur schön. Obwohl wir alle wussten, dass das keine hundertprozentige Sicherheit war. Oli lebte deshalb auch viel bewusster als die meisten Menschen, die ich kannte. Er genoss die Tage auf eine Weise, die man vielleicht nicht mal lernen konnte. Er hinterfragte nicht so viel, sondern schaute danach, dass es ihm einfach gut ging. Er liebte seinen Job als Tontechniker bei einem Radiosender, und er liebte Toni.

Wir wollten zuerst eine Kleinigkeit essen und setzten uns deshalb in eine ruhige Ecke der Kneipe. Und weil Hanna und ich ja nun auch Oli und Toni verkünden wollten, dass wir heiraten würden, bestellte ich für uns auch einen Sekt zum Anstoßen.

Meine ehemalige Mitkommilitonin sah uns stirnrunzelnd an.

"Sekt, Lucas?", fragte sie. Ich schmunzelte noch geheimnisvoll und Hanna lächelte Toni an.

"Es gibt Tage, da braucht man was Ordentliches zum Anstoßen", sagte sie.

Als der Kellner den Sekt gebracht hatte, erhob ich mein Glas.

"Hanna und ich haben euch etwas zu verkünden"

"Spannt uns nicht auf die Folter!", lachte Toni.

"Genau!", stimmte Oli zu. "Es gibt doch eh nicht so viele verschiedene Möglichkeiten, was ihr uns jetzt gleich sagen werdet!". Er sah grinsend von Hanna zu mir und dann wieder zurück. Damit lag er natürlich gar nicht so falsch, und deshalb sagte ich:

"Okay, ihr habt ja recht". Ich hielt noch mal kurz inne, um den Spannungsbogen zu erhöhen. Doch dann platzte ich heraus: "Hanna und ich werden heiraten!"

"Darauf wäre ich jetzt nie gekommen!", lachte Oli. "Gratulation euch beiden! Ich freue mich!". Auch Toni beglückwünschte uns aufgeregt und wir ließen die Sektkelche klirren. Dann sah sie auf Hannas linke Hand, an deren Ringfinger noch kein Verlobungsring thronte.

"Habt ihr noch keine Ringe?", fragte sie dann auch direkt, und auch Olis Blick wanderte zu unseren Händen.

"Nein, noch nicht", erklärte Hanna. "Lucas` Antrag war recht... spontan. Die Ringe suchen wir uns gemeinsam aus".

"Erzählt uns von dem Antrag!", nahm Oli sofort das Stichwort auf.

Ich grinste ihn an.

"Du brauchst doch nur eine Idee, wenn du dann mal soweit bist", frotzelte ich.

"Iiiiich?", machte Oli gedehnt. "Mitnichten! Ich bin einfach nur neugierig!"

"Und ich auch!", sagte Toni, also erbarmten wir uns und erzählten den beiden von meinem Heiratsantrag.

"Wie macht ihr das mit euren Nachnamen? Wisst ihr da schon was?", hakte Toni nach.

"Ja. Ich werde Schiller heißen", sagte Hanna ohne lange darüber nachzudenken. Wir hatten das Thema tatsächlich schon angesprochen, und für Hanna war es sofort klar gewesen, meinen Namen anzunehmen. Sie hatte mir erzählt, wie sie früher als Teenagerin auf ihrem Schulblock einmal Schiller als Unterschrift geübt hatte. Ich hatte sie daraufhin gefragt, was sie gegen den armen Nachnamen Keppler denn habe, einen ganz ähnlichen trug ja schließlich auch ein berühmter Mann*. Doch sie wollte lieber so heißen wie ein Dichter** als ein Naturwissenschaftler, wie sie mir grinsend erklärt hatte. Natürlich war das Spaß gewesen. Hanna hatte mir dann gesagt, dass sie Schiller schon immer besonders schön gefunden hatte und sie einfach gerne meinen Namen annehmen wollte.

 

 

 

 

*Johannes Kepler, *27. Dezember 1571 +15. November 1630

** Friedrich Schiller, *10. November 1759 +9. Mai 1805

"Und wie ist das dann mit Raphael?", fragte Toni. "Er heißt ja jetzt Keppler, oder?".

"Richtig", antwortete Hanna. "Raphael wird ja im Oktober sechs Jahre alt. Bis fünf würde er automatisch den neuen Familiennamen bekommen, es kommt also darauf an, wann unsere Hochzeit ist. Ab sechs Jahren müssten wir eine Anschlusserklärung unterschreiben, dann würde sogar Schiller als sein Geburtsname eingetragen. Aber es könnte sogar sein, dass er vom Standesamt selbst befragt wird, was er denn möchte".

"Habt ihr ihn selbst schon gefragt?", wollte nun Oli wissen.

"Ja, vor kurzem", bestätigte ich.

"Und was hat er gesagt?", hakte Oli weiter nach.

"Er hat gemeint, dass er auf jeden Fall so heißen möchte wie wir, wenn seine Mama den Namen ändern wird. Er wird wohl kaum Probleme damit haben, sich an den neuen Namen zu gewöhnen, denn es kam auch im Kindergarten ab und an mal vor, dass er sich mit Raphael Schiller vorgestellt hat", lächelte ich.

"Ihr habt ihn wohl ziemlich verwirrt!", meinte Toni augenzwinkernd.

"Wohl wahr", gab ich zu. Und jetzt, da wir hier mit Oli und Toni darüber sprachen, wurde mir erst richtig bewusst, was die Heirat und die Namensänderung von Hanna und Raphael bedeutete: Wir würden auch namentlich eine Familie sein!

Nach dem Essen gingen wir ein Stockwerk nach oben, wo man wunderbar Billard spielen konnte. Wir spielten 2 vs. 2, Männer gegen Frauen. Ich rechnete mir ganz gute Chancen aus, denn ich war nicht ganz ungeübt. Genauer gesagt war ich mit Mark schon früher so oft hier herumgehangen, dass das hier kein Problem darstellen dürfte.

Wir losten aus, wer den Anstoß machen durfte, und ich war der Glückliche. Beim ersten Stoß gingen gleich mal drei Kugeln in die Löcher. Na bitte, ich konnte es noch. Und es war entschieden, dass Oli und ich nun die Halben einzulochen hatten.

Wir alle hatten unseren Spaß dabei. Und es würde eine knappe Entscheidung werden, die Mädels waren absolut gut.

Am Ende hatte jedes Team nur noch eine blaue Kugel übrig.

Ich schaffte die blaue rein, scheiterte dann allerdings an der schwarzen. Nun war Hanna dran.

Auch sie schaffte ihre blaue sofort ohne Probleme. Und dann lag die weiße Kugel so gut vor der schwarzen, dass sie sie problemlos einlochen konnte. Damit hatte das Damen-Team gewonnen!

Ganz zur Freude der Mädels!

Wir Männer nahmen das natürlich sportlich und gaben unseren Siegerinnen einen Kuss.


Weil Toni und Oli noch zu Tonis Eltern wollten, verabschiedeten sie sich dann kurz darauf. Weil uns Marita sicher noch nicht erwartete, beschlossen Hanna und ich noch an der Bar unten etwas zu trinken.

Zuerst sprachen wir noch über Oli und Toni, dann über unsere bevorstehende Hochzeit. Wir hatten noch keinen Termin festgelegt, wollten damit aber nicht zu lange warten, denn es war klar, dass wir noch dieses Jahr heiraten wollten, und der Frühling neigte sich langsam aber sicher dem Ende entgegen. Wir schauten noch mal im Kalender in Hannas Smartphone, welcher Tag denn passen könnte.

"Lucas?", fragte mich Hanna da, als wir die Tage im September durchsahen.

"Hm?", machte ich.

"Ich glaube, ich habe unseren Tag gefunden", meinte sie und ich sah sie an.

"Welchen?", wollte ich nun natürlich von ihr wissen. Sie lächelte mich an.

"Das wir da noch nicht früher darauf gekommen sind!", lachte sie und ich besah mir noch mal die Wochenenden im September, ohne zu wissen, worauf sie hinaus wollte.

"Helfe mir bitte auf die Sprünge", bettelte ich.

"Wir haben das Jahr 2019, richtig?", fragte sie mich.

"Ja, richtig", bestätigte ich ungeduldig. "Worauf willst du hinaus?"

"Sieh doch: Der 19. ist ein Samstag". Ich sah auf besagten Tag und tatsächlich: Der 19.09.2019 war ein Samstag. Nun wurde mein Grinsen breit.

"Wer ruft morgen beim Pfarrer an?"

Plötzlich piepte mein Handy und meldete mir, dass eine neue Whats App-Nachricht eingetrudelt war. Ich wollte nicht rangehen, weil ich ganz sicher nicht auf mein Handy starren würde, wenn Hanna neben mir saß. Diese Unart, die immer mehr um sich griff, fand ich selbst unmöglich. Weil Hanna das wusste, sagte sie:

"Du kannst gerne kurz schauen. Mein Handy liegt ja auch noch da".

 

Als ich dann las, vom wem die Nachricht war, hätte ich mir gewünscht, ich hätte nicht nachgesehen.

Wahrscheinlich hatte mir Hanna am Gesicht abgelesen, dass es keine erwünschte Nachricht gewesen war, denn sie fragte sofort, ob alles in Ordnung war. Nein, wollte ich schreien, nein, es war nicht alles in Ordnung! Und weil sie noch nichts von Desdemona und ihrer Schwärmerei zu mir wusste, weihte ich jetzt endlich Hanna ein.

 

Ich erzählte ihr alles. Vom Anfang im Kappe-Haus bis jetzt eben, als mir Desdemona die Nachricht geschickt hatte, dass sie im Moment alleine im Haus war und es so gruselig geknarrt hatte, dass sie Angst bekommen habe. Ich solle doch bitte kommen und nachsehen, ob alles in Ordnung war. Natürlich wusste auch Hanna nicht, was zu tun war. Ich schickte Desdemona dann aber eine kurze Nachricht, in der ich nur mitteilte, dass ich unterwegs war und nicht kommen könne, aber das löste das Problem natürlich auch nicht. Hanna machte mir aber Mut und erklärte, dass wir bestimmt eine Lösung finden würden. Oder dass sich das bei Desdemona eh bald von selbst wieder legte, denn in dem Alter spielten die Hormone eben verrückt. Und sie war froh, dass ich mit ihr darüber gesprochen hatte.

Nun kehrte das Lächeln auf mein Gesicht zurück.

"Das war doch klar, dass ich das mit dir bespreche", sagte ich und Hanna sah mich mit ihren grünen Augen wissend an. "Und es hat gut getan, mit dir darüber zu reden. Vielleicht fällt uns ja doch noch was ein. Gerda ist ja auch eingeweiht".

Doch so dringlich die Sache mit Desdemona war, so schön war es, unsere Hochzeit vorzubereiten. Auch wenn es teilweise ganz schön viel Arbeit war.

 

Das Gespräch mit unserem Pfarrer Edmund Stikar fand dann schon ein paar Tage später statt. Da auch der Geistliche am 19.09. noch frei war, stand auch unserem Wunschtermin nichts mehr im Wege. Und deshalb stürzten wir uns nun in die Hochzeitsvorbereitungen.

 

Und nun, da der Termin für unsere Hochzeit feststand, ging plötzlich alles viel schneller voran. Das Standesamt hatte für uns am Vormittag des 19. September noch einen Termin frei, den wir uns natürlich auch sofort reservierten. Für das Fest brauchten wir dann auch noch Musik, da war noch nicht klar, ob wir lieber einen DJ oder doch eine Band da haben wollten. Der Ort, wo wir nicht nur heiraten, sondern auch feiern würden, hatten wir dann auch recht früh sicher machen können.

Als dann alle Orte gebucht und Uhrzeiten bekannt waren, gingen dann die Einladungen raus. Wir hatten uns für eine romantische Karte mit einem Bild von uns entschieden, das schon damals geknipst worden war, als wir zum ersten Mal zusammen gewesen waren.


Mit den Einladungen waren wir noch mal ein gutes Stück weitergekommen und konnten uns dann um unsere Kleidung, den Blumen und der Deko zuwenden.

Um meinen Anzug kümmerte ich mich als nächstes. Dazu ging ich in das Brautmodengeschäft in Silverstone. Begleitet wurde ich von Mark und Benny, die mich ein wenig beraten sollten und die sofort begeistert zugestimmt hatten, als ich sie darum gebeten hatte. Zu Hanna hatte ich augenzwinkernd gesagt, dass sie meinen Anzug vor der Hochzeit auch nicht sehen durfte, wenn ich ihr Kleid nicht zu Gesicht bekam.

Wir gingen in das Geschäft und staunten über die große Auswahl an Brautkleidern und Anzügen.

"Lucas, schwarz steht dir bestimmt gut wegen deiner Haare!", sagte Mark und begutachtete einen dunklen Anzug.

"Hm, möglich. Ich wollte aber zuerst mal hellere anprobieren", gab ich zurück. "Bei Benny hat mir das ganz gut gefallen"

"Benny ist auch blond!", sagte Mark und Benny, der unsere Unterhaltung gehört hatte, lachte.

"Gut, aber er kann es ja trotzdem mal probieren. Wer weiß, vielleicht steht ihm das auch!", schlug Benny vor.

Ich durchforstete das Angebot an Anzügen und holte mir den ersten zum Anprobieren.

"Und? Wie findet ihr den?", fragte ich die Jungs. Beide ergossen sich nicht gerade in Begeisterung.

"Der Anzug an sich ist ja schick, aber an dir...?", stellte Mark in Frage, und Benny schlug in die gleiche Kerbe:

"Den finde ich jetzt auch nicht gerade wie für dich gemacht". Damit hatten sie sogar recht, denn der Anzug trug ganz schön auf, wie ich fand. Also ab zum nächsten.

"Wie wäre es mit dem?", fragte ich, als ich mich erneut umgezogen hatte.

"Besser als der erste ist er auf jeden Fall", meinte Benny.

"Schon. Aber es will noch nicht ganz zünden, finde ich", sagte Mark.

"Hm. Sehe ich auch so. Vielleicht sollte ich doch mal was Dunkleres anprobieren", gab ich zu und zog mich noch mal um, um mich erneut in dem Geschäft nach einem anderen Anzug umschauen zu können.

Während ich mich umsah, fragte Benny plötzlich:

"Was glaubst du, was für ein Kleid wird Johanna an haben?". Ich sah zu den Brautkleidern.

"Gute Frage, hier hängen wirklich viele schöne Kleider", sagte ich, denn die Auswahl war an Brautkleidern noch viel größer als an Herrenanzügen. Benny lächelte.

"Das stimmt. Aber weißt du was? Es ist eigentlich auch ganz egal. In dem Moment, wenn deine Braut auf dich zugeht, ist sie sowieso die schönste Frau der Welt für dich". Ich dachte daran, wie Hanna in ihrem Kleid auf mich zuschreiten würde. Und bekam allein bei dem Gedanken daran ein wohliges Gefühl im Bauch.

Mit einem dunklen Anzug bewaffnet machte ich mich erneut auf in die Umkleidekabine.

Und als ich damit wieder vor meine Freunde trat, grinste mich Mark an.

"Wusste ich es doch! Ich schätze, wir haben deinen Anzug gefunden, oder?"


Das hatten wir in der Tat.

Ein paar Tage später saßen Hanna und ich an unserer Tischordnung für das Fest. Es war gar nicht so leicht wie ich gedacht hatte, die Gäste so hinzusetzen, dass alle zufrieden waren, die Streithähne auseinander saßen und jeder mit jemandem am Tisch saß, den er kannte, damit niemand einsam da sitzen musste. Es war ein ganz schöner Balanceakt. Hanna hatte sich mit Stift und Block bewaffnet und grob aufgezeichnet, wie die Tische stehen würden.

"Hach, so geht das nicht", seufzte sie aus, "meine Oma Margret kann nicht alleine bleiben, sie muss irgendwie an den Verwandtschaftstisch. Wir können sie doch schlecht an den Freundetisch setzen!"

"Och, deine rüstige Oma würde unsere Freunde sicherlich gut unterhalten", zwinkerte ich. Hanna schmunzelte.

"Stimmt. Aber ich denke, wir sollten trotzdem eine andere Lösung finden", meinte sie dann.

"Wir könnten deine Cousine und ihren Mann mit an den Freundetisch setzen, die sind ja doch noch ein bisschen jünger als Oma Margret. Dann kann sie neben deine Tante Stefanie sitzen, die ist ja auch alleine"

"Okay, schauen wir mal, ob das noch so bleiben kann, wenn wir gleich noch deine Verwandtschaft drannehmen", meinte sie und blickte wieder auf den Block. "Also, neben mir sitzt deine Mutter. Eigentlich sollte Raphael ja da dazwischen sitzen...", sagte sie, doch ich unterbrach sie sofort.

"Hanna, tue mir das bitte nicht an! Dann sitzt deine Mutter den ganzen Tag neben mir, und das - bitte nicht!". Nicht auszudenken! Silvia den ganzen Tag neben mir! Es war nun mal Tradition, dass die Eltern sich zu ihrem neuen Schwiegerkind setzten. Weil mein Vater nicht mehr lebte, saß nun neben Hanna meine Mutter. Traditionell müsste neben mir Silvia sitzen, aber das wollte ich nicht. Dass Bernd und sie die Plätze tauschten ging auch nicht, denn bei der Tischordnung war es nun mal wichtig, dass die Damen rechts neben ihrem Tischherrn saßen. Aber deshalb sollte Raphael zumindest neben mir sitzen, das war für mich die beste Lösung für das Problem. Hanna seufzte auf.

"Ich hätte mir das mit meiner Mutter echt anders gewünscht"

"Ich auch, Hanna! Glaube mir! Aber ich bin es nicht, der die ganze Zeit stänkert"

"Ich weiß, Schatz", sagte Hanna und nahm meine Hand. "Gut, dann lassen wir das so. Wenn also deine Mutter neben mir sitzt, könnten wir deinen Bruder..."

Hanna stockte und sah mich erschrocken an, und mich traf die Erkenntnis in der gleichen Sekunde.

 

Mein Bruder! Und meine Mutter! Auf ein und derselben Feier!!!

"Verdammt noch mal!", entfuhr es mir und ich fuhr mir mit den Händen übers Gesicht.

"Lucas...", begann Hanna, doch dann stockte sie wieder. Ja, ich konnte sie verstehen, ich war genauso ratlos.

"Wir hätten es ihr doch schon früher sagen sollen!", sagte ich.

"Vielleicht. Aber wir haben uns so entschieden, und das hatte seine Gründe", erinnerte sich Hanna, und damit hatte sie recht.


Diese Entscheidung hatten wir zusammen mit Oliver gefällt. Es war keine undurchdachte, schnelle Entscheidung gewesen. Wir hatten es immer wieder und wieder besprochen, denn Oli konnte nie an den wichtigen Tagen, wie z. B. unseren Geburtstagen, hier zusammen mit uns feiern, sondern erst ein paar Tage später. Für ihn und auch Toni hieß es, diese Tage mit uns nachzuholen, um meiner Mutter nicht über den Weg zu laufen. Wir hatten uns die letzten Jahre so daran gewöhnt, dass es fast normal geworden war.


Warum wir so entschieden hatten, lag auf der Hand. Ich wusste noch, wie sehr Olivers Auftauchen mich heruntergerissen hatte. Ich würde wohl nie meinen Nervenzusammenbruch vergessen und das Gefühl, das die Welt aus den Fugen gehoben worden war. Ich konnte nur ahnen, dass es meiner Mutter genauso ergehen würde, wenn sie wüsste, dass ihr Mann, um den sie so getrauert hatte, ein Kind während ihrer Ehe gezeugt hatte. Der zudem noch so aussah wie er. Irgendwann waren wir uns einig gewesen, dass wir ihre Welt und ihre Erinnerungen genau so lassen würden, wie sie waren.

"Sie würde in Oliver sofort das sehen, was er ist, wenn sie ihm gegenüber stünde", sagte Hanna, und ich nickte.

"Allerdings. Er sieht unserem Vater so ähnlich, dass wir nicht mal ansatzweise hoffen könnten, sie würde es einfach nicht bemerken"

"Absolut", stimmte mir Hanna zu. "Aber was gibt es sonst noch für eine Möglichkeit?", überlegte sie.

Ich konnte nicht mehr sitzen bleiben und stand auf.

"Ich werde keinen von beiden wieder ausladen", sagte ich dann fest.

"Natürlich nicht!", stimmte mir auch Hanna zu, und wir beide wussten, was das bedeutete.

Ich musste meiner Mutter sagen, dass es Oli gab. Eine andere Möglichkeit hatten wir nicht.


weiter mit Teil 3 >>

 

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19.03.19 Endlich! Nach einer gefühlten Ewigkeit habe ich die Seite nun fit für die DSGVO gemacht, alles ist online und ihr könnt hier wieder die Abenteuer meiner Schillers lesen!

 

Ich wünsche euch viel Spaß dabei!

 

 

In meiner Geschichte gibt es immer wieder Bilder, die verlinkt sind und zu Videos auf verschiedenen Video-Plattformen führen. Diese Info steht auch bei jedem der verlinkten Bilder dabei.

 

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